Dr. Jakob Berger
Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes
Dr. Wolfgang Ritter konnte als Gastgeber 
zahlreiche namhafte Gäste begrüßen.

Die Premiere der neuen Gesundheitsministerin, ein hoch interessanter Festvortrag und zwei junge Promotions-Preisträger: Der Nikolausempfang des Bayerischen Hausärzteverbandes hat sich seit 2015 zu einer wichtigen Plattform des gemeinsamen Austausches entwickelt. Als Gastgeber konnte Dr. Wolfgang Ritter, Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, am Mittwochabend im Münchner Künstlerhaus zahlreiche namhafte Gäste aus Politik und Medizin begrüßen.

Bayerns neue Gesundheitsministerin skizziert ihren Kurs

Für Bayerns neue Staatsministerin für Gesundheit, Pflege und Prävention, Judith Gerlach, war der Abend eine Premiere. Obwohl erst seit ein paar Wochen im Amt, skizzierte die Ministerin in ihrem Grußwort bereits ihren Kurs in der Gesundheitspolitik. „Die flächendeckende Gesundheitsversorgung wird ein ganz zentrales Thema meiner Arbeit sein“, sagte die Juristin und unterstrich zugleich die Bedeutung der Hausärztinnen und Hausärzte. Konkret kündigte die Ministerin an, gegen den Ausverkauf des Gesundheitssystems an renditegetriebene Kapitalgesellschaften vorzugehen.

Dr. Jakob Berger
Bayerns Gesundheits-, Pflege- und
Präventionsministerin Judith Gerlach skizzierte
ihren gesundheitspolitischen Kurs.

„Die nicht vorhandene Regulierung von MVZ gefährdet die flächendeckende ambulante Versorgung“, sagte Gerlach und forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, seine Ankündigung, das Gesetzesschlupfloch iMVZ zu schließen, endlich in die Tat umzusetzen. Ausdrücklich bedankte sich Gerlach bei ihrem Vorgänger Klaus Holetschek, der nach der Landtagswahl zum Fraktionschef der CSU aufgestiegen ist, und neben Bernhard Seidenath, dem Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses, im Publikum saß. Ebenfalls vom Maximilianeum ins Künstlerhaus gekommen waren der Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen Staatsregierung Thomas Zöller (Freie Wähler), die stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Ruth Waldmann (SPD), die Ausschussmitglieder Dr. Andrea Behr und Sascha Schnürer von der CSU und Paul Knoblach von Bündnis 90/Die Grünen sowie die CSU-Landtagsabgeordneten Norbert Dünkel und Sandro Kirchner.

Promotionspreis 2023 der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband verliehen

Dr. Jakob Berger
Dr. Oliver Abbushi, Co-Vorstand der Stiftung
Bayerischer Hausärzteverband, übbereichte
Dr. Leon Ribbat den Promotionspreis Gold der
Stiftung.

Zu Beginn des Nikolausempfangs hatte Dr. Oliver Abbushi als Co-Vorstand der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband die Aufgabe, die diesjährigen Promotionspreise zu verleihen. Für seine Arbeit zum Thema „Auswirkung der Regressgefahr auf die Tätigkeit von niedergelassenen Ärzt*innen“ erhielt Dr. Leon Ribbat von der TU München den Promotionspreis in Gold, der die Auszeichnung persönlich in Empfang nahm.
Der zweite Promotionspreis in Gold ging an Dr. Elias Lauerer von der Universität Würzburg, der an diesem Abend verhindert war. Der Titel seiner Dissertation lautete: „Können Gesprächsfertigkeiten zur Raucherentwöhnung online vermittelt werden? Eine randomisierte prospektive Studie zum Vergleich von Online- und Präsenzkurs in der medizinischen Ausbildung“.

Prof. Gerlach wirft Blick in die Zukunft der Gesundheitsversorgung

Festredner in diesem Jahr war Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach. Der langjährige Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege erklärte in seinem hochinteressanten Vortrag, wie sich die medizinische Versorgung angesichts der sechs Megatrends demographischer Wandel, Globalisierung, Urbanisierung, Klimawandel, Ambulantisierung und digitale Transformation bis 2040 grundlegend wandeln wird.

Gerlach zeigte am Beispiel Amazon auf, wie milliardenschwere und global agierende Tech-Giganten in den Gesundheitssektor drängen werden. So sei Amazon, das weltweit bereits über 200 Millionen Kunden hat, in den USA mit Amazon Clinic, Amazon Diagnostics und Amazon Pharmacy bereits in drei Geschäftsfeldern aktiv, um maximale Profite zu erwirtschaften. Gerlach zitierte dabei Amazon-Chef Andy Jassy, der in einer internen Sitzung vor seinen Führungskräften gesagt haben soll, dass „in zehn Jahren, Arztbesuche, wie wir sie heute kennen, verrückt wirken“ würden.

8 Thesen zur Primärversorgung im Jahr 2040

Dr. Jakob Berger
Prof. Dr. Ferdinand Gerlach nahm die Gäste in
seine Festrede mit auf die Reise in die Zukunft
der Primärversorgung.

Gerlach formulierte daraufhin acht Thesen, wie sich die Primärversorgung bis 2040 entwickeln wird.

Erstens: In der Primärversorgung und Patientensteuerung werden Hausärzte Patientenkontakte an die Tech-Giganten verlieren, da Amazon und Co. bereits jetzt über eine marktbeherrschende Stellung im Bereich Digitalisierung verfügen und Themen wie Cloud, KI-Chatbots (Beratung über Künstliche Intelligenz), Telemedizin, PoC-Diagnostik (Point-of-Care-Diagnostik, Eigen-Diagnose zum Beispiel über Testkits, die direkt nach Hause geliefert werden) und Arzneimitteldistribution (Lieferung von Arzneimittel direkt an den Patienten) umsetzen können.

Zweitens: Plattformökonomische Wertschöpfungsketten setzen sich über hochpotente Netzwerk- und Skaleneffekte auch in hochregulierten Versicherungssystems früher oder später durch. Sprich: Auch wenn Deutschland ein anderes Gesundheitssystem als die USA hat, werden die Tech-Giganten auch hierzulande an Marktanteilen gewinnen.
Drittens: Klinikaufenthalte werden durch Ambulantisierung zur Ausnahme. Die Primärversorgung in ambulant-stationären lokalen Gesundheitszentren wird klinischer und enger mit Akut- und Langzeitpflege verknüpft. Gerlach verwies dabei auf Hochrechnungen, dass in Deutschland die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2040 auf sechs bis sieben Millionen Menschen steigen werde.

Viertens: Primärversorgungszentren sind multiprofessionelle und interdisziplinäre Teampraxen und entwickeln sich aus BAGs, MVZs, (vernetzten) Einzelpraxen und auch aus Grundversorgungs-KIiniken.

Fünftens: Primärversorgungszentren bieten auch „Hospital at home/virtual ward“ (Videomonitoring, digitale Devices, Hausbesuche) sowie „Healthcare anywhere“ (am Arbeitsplatz, auf Reisen, im selbstfahrenden Auto).

Sechstens: Sprachbasierte KI-Programme (wie ChatGPT) unterstützen Praxisteams und übernehmen Teile der Patientenversorgung.

Siebtens: Wunsch/Hoffnung: empathische Hausärztinnen und Hausärzte werden wichtiger denn je, entscheiden (mit mehr Zeit) gemeinsam mit Patienten über evidenz-basierte Diagnostik und Therapie, schütze diese vor zu viel und falscher Medizin und tragen entscheidend zu mehr Nachhaltigkeit und Resilienz bei.

Achtens: Hausärzte und ihr Verband (sowie die DEGAM) können diese tiefgreifende Transformation mitgestalten. Die Weichen werden jetzt gestellt.

Mit seinem Vortrag hatte Prof. Gerlach somit für jede Menge Gesprächsstoff beim anschließenden Get-Together gesorgt. Unter den weiteren Gästen waren vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention Ministerialdirektorin Stephanie Jacobs, Ministerialdirigentin Gabriele Hörl, Ministerialdirigent Dr. Alexander Steinmann und Ministerialrat Dr. Florian Pfister; von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns der Vorstansvorsitzende Dr. Christian Pfeiffer und die 2. stellvertretende Vorstandsvorsitzende Dr. Claudia Ritter-Rupp; von der Bayerischen Landesärztekammer Kammer-Präsident Dr. Gerald Quitterer, Ehrenpräsident Dr. Max Kaplan, Vizepräsidentin Dr. Marlene Lessel und Vorstandsmitglied Melanie Kretschmar; von den Gesetzlichen Krankenkassen in Bayern Sophie Schwab (DAK), Fabian Wenzel (BKK-Landesverband Bayern), Rüdiger Peters (IKK Classic), Peter Krase (AOK Bayern) und Christina Ruckert (AOK Bayern), vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte der bayerische Landesverbandsvorsitzende Dr. Dominik Ewald und der 2. stellvertretende Landesverbandsvorsitzende Dr. Michael Hubmann, vom Sozialverband VdK Präsidentin Verena Bentele, vom Bayerischen Apothekerverband der Vorsitzende (sowie Bundesvorsitzende) Dr. Hans-Peter Hubmann, vom Hartmannbund Bayern der Vorsitzende Dr. Wolfgang Gradel, vom Landesverband Bayern der der mitarbeitenden Arztpartner/innen die Vorsitzende Margit Büttner, vom Verband der medizinische Fachangestellllten Katja Müller, vom Diabetikerbund Bayern der Vorstandsvorsitzende Dieter Meier und vom Bayerischen Bündnis für Toleranz Geschäftsführer Dr. Philip Hildmann. Der Bereich Wissenschaft/Junge Medizin war vertreten durch Prof. Dr. Anne Simmenroth, Leiterin des Instituts für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Würzburg, Prof. Dr. Antonius Schneider, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der TU München, Dr. Raphael Kunisch vom Institut für Allgemeinmedizin der Uni Augsburg, Puya Younesi vom Führungskräfteprogramm 360-Grad der LMU und JADE-Vorstandsmitglied Dr. Andreas Ammer.

 

 

 

 

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