Beschlüsse der Delegiertenversammlung vom 16.11.2013

 Eine Stärkung der Hausarztmedizin und eine bessere Information der Patienten fordert der Bayerische Hausärzteverband von Politik und Kassen. Entsprechende Beschlüsse hat die Delegiertenversammlung des Bayerischen Hausärzteverbandes am Samstag in Nürnberg mit großer Mehrheit ohne Gegenstimmen verabschiedet.

 

So appelliert der Bayerische Hausärzteverband an die neue Bundesregierung, die Stellung der Hausarztmedizin in Deutschland weiter zu stärken und stabile und nachhaltige Rahmenbedingungen für die Hausärztinnen und Hausärzte und den hausärztlichen Nachwuchs zu schaffen. „Hausarztmedizin ist Familienmedizin und ist und bleibt in einer immer älter werdenden Bevölkerung wichtiger denn je“, so der BHÄV.

Dr. Dieter Geis, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes: „Im Kampf gegen verwaiste Hausarztpraxen brauchen wir ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Nur so wird es uns gelingen, die hausarztzentrierte Versorgung für unsere Patientinnen und Patienten nachhaltig und flächendeckend in Stadt und Land zu sichern.“

Als konkrete Maßnahmen fordert der Bayerische Hausärzteverband von der neuen Bundesregierung:

  • Die Stärkung der eigenständigen hausärztlichen Tarif- und Vertragsautonomie im Rahmen von Selektivverträgen;
  • die Abschaffung der Refinanzierungsklausel im § 73 b Abs. 5 a SGB V bei Beibehaltung der Pflicht der Kassen zum Abschluss von Hausarztverträgen;
  • die Schaffung einer gesetzlichen Regelung zur Zulässigkeit von rein hausärztlichen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) im SGB V;
  • die Förderung der Etablierung von Ordentlichen Lehrstühlen für Allgemeinmedizin an allen Medizinischen Fakultäten, um das Fach Allgemeinmedizin in der Studentenausbildung gleichwertig und gleichberechtigt neben den bisherigen klinischen Fächern zu platzieren;
  • die Förderung der Einführung eines Pflichtquartals Allgemeinmedizin im Rahmen der Ausbildung neben den Fächern Chirurgie, Innere Medizin und einem Wahlfach;
  • eine generelle finanzielle Förderung der allgemeinmedizinischen PJ-Studenten und Studentinnen;
  • die Abschaffung des Numerus Clausus als alleiniges Zugangskriterium für das Medizinstudium;
  • die Sicherstellung der finanziellen Absicherung der Weiterbildung in der Allgemeinmedizin von einer Zuschussregelung über die Kassenärztlichen Vereinigungen unabhängig zu machen und über eine gesetzliche Regelung über die gesamte Weiterbildungszeit als Pflichtaufgabe des Staates festzuschreiben. 


Außerdem wird die neue Bundesregierung aufgefordert, „bei der Ausarbeitung der für die nächste Legislaturperiode angekündigten Reform im Bereich der Pflege die Bedeutung der hausärztlichen Medizin in den Alten- und Pflegeheimen anzuerkennen und bei der Ausgestaltung zu berücksichtigen“.
Nach Ansicht des Bayerischen Hausärzteverbandes seien dafür insbesondere folgende Maßnahmen erforderlich:

  • Ermöglichung des Dispensierrechts für Hausärztinnen und Hausärzten in Alten- und Pflegeheimen;
  • finanzielle Förderung von innovativen Modellen zur Sicherung der hausärztlichen Medizin in Alten- und Pflegeheimen;
  • die Festschreibung der Leitungs- und Koordinationsverantwortlichkeit des Hausarztes im Rahmen der Betreuung von Patientinnen und Patienten in Alten- und Pflegeheimen.

Bei der Ausarbeitung der für die nächste Legislaturperiode angekündigten Krankenhausreform wird an die neue Bundesregierung appelliert, Ansätze für die Lösung von Schnittstellenproblemen zu regeln. Nach Überzeugung des Bayerischen Hausärzteverbandes seien dazu insbesondere folgende Maßnahmen erforderlich:

  • Die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Sektoren und der Abstimmung der Entlassmedikation;
  • die finanzielle Förderung von innovativen Modellen zur Lösung der Schnittstellenprobleme im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung;
  • die Verbesserung der IT-Infrastruktur.

Handlungsbedarf sieht der Bayerische Hausärzteverband auch bei der neuen Bedarfsplanung.  Konkret fordert der BHÄV, dass bei der geplanten kontinuierlichen weiteren Anpassung der Bedarfsplanung in Bayern kurzfristig die Möglichkeit geschaffen werden müsse, „die hausärztlichen Regionalbeauftragten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) in die Beratungen angemessen einzubeziehen, um die tatsächliche Versorgungssituation insbesondere in den Mittelbezirken darstellen und in die Verhandlungen im Landesausschuss rechtzeitig einbringen zu können“. Nur so könne gewährleistet werden, „dass potentielle Verwerfungen vor Ort in den Bezirken rechtzeitig erkannt werden und es nicht zu einem Verlust von hausärztlichen Vertragsarztsitzen in Bayern kommt“.

„Um die niederlassungs- und wettbewerbsfeindliche Unterfinanzierung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes in Bayern endlich zu beenden“, wollen die Mitglieder des Bayerischen Hausärzteverbandes in der Vertreterversammlung der Kas- senärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) den Vorstand der KVB damit beauftragten,  „mit den Krankenkassen eine angemessene Bereitschaftsdienstpauschale bzw. Umsatzgarantie zu verhandeln“.
Bislang beträgt die Bereitschaftsdienstpauschale pro Stunde 4,70 Euro am Tag und 8,33 Euro in der Nacht. Für den Bayerischen Hausärzteverband ist diese Unterbezahlung ein weiterer Grund, warum immer weniger junge Mediziner bereit seien, sich als Allgemeinarzt niederzulassen: „Der kassenärztliche Bereitschaftsdienst bedeutet ein bedeutendes Minus an Lebensqualität. Ein solcher Dienst mit einer solch schlechten Bezahlung passt auch nicht in das Lebenskonzept von zum Beispiel weiblichen angestellten Ärzten. So entpuppt sich die Unterfinanzierung im kassenärztlichen Bereitschaftsdienst als Wettbewerbsnachteil bei der Gewinnung von angestellten Ärzten.“ In Krankenhäusern gelte dagegen der Bereitschaftsdienst als reguläre Arbeitszeit und werde entsprechend vergütet.
In vielen Fällen, so warnt der Bayerische Hausärzteverband, verzichten Praxisinhaber deshalb darauf, Ärzte anzustellen. Alternativ fahren die Praxisinhaber alle Dienste selbst oder müssten ihren Angestellten „einen deutlich höheren Stundenlohn von 30 bis 40 Euro bezahlen und somit den Bereitschaftsdienst aus eigener Tasche querfinanzieren“.
Beim Thema „Beratung vor Regress“ fordert der Bayerische Hausärzteverband die Aufsicht, die gesetzlichen Krankenkassen in Bayern, die Prüfstelle und die Kassenärztliche Vereinigung (KVB) auf, diese Intention des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes „endlich auch intentions- und sachgerecht“ umzusetzen, und zwar durch drei Maßnahmen:

Gefordert wird

  • erstens, dass die Beratung der Hausärztinnen und Hausärzte zeitnah, dies heißt spätestens drei Monate nach dem zu prüfenden Quartal, durch ein qualifiziertes Gespräch erfolgt ist;
  • zweitens,dass alle vorher ausgesprochenen Regressmaßnahmen sofort gestoppt werden;
  • drittens, dass die zuständigen Aufsichten die gesetzlichen Krankenkassen in Bayern anhalten, umgehend mit der KVB neue sachlich gerechtfertigte und gerechte Prüfregeln als Grundlage für eine neue Prüfvereinbarung zu vereinbaren.

Außerdem fordert der Bayerische Hausärzteverband die Krankenkassen und Kassenverbände auf, „die derzeitigen Wirtschaftlichkeitsprüfungen auf der Basis des Fachgruppendurchschnittes (Ersatzrichtgrößenprüfung) sofort einzustellen und kurzfristig eine neue Prüfvereinbarung auf der Basis von gerechten, nachvollziehbaren und adäquaten Prüfregeln, die nicht mehr auf Durchschnittswerten bei Medikamenten sowie bei Heil- und Hilfsmitteln beruhen, mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zu verhandeln und abzuschließen“.
Gleichzeitig erwartet der Bayerische Hausärzteverband von der Aufsicht, „dass eine solche neue Prüfvereinbarung spätestens zum 1. Januar 2014 in Kraft tritt.“
Bei der derzeitigen Prüfsystematik werde nicht Vergleichbares als Maßstab genommen, erklärt der Bayerische Hausärzteband: „Der Fachgruppendurchschnitt stellt somit nicht das Maß einer wirtschaftlichen Verordnungsweise dar. Es werden Praxen, welche die gesamte medikamentöse Versorgung ihrer Patienten sicherstellen, mit Praxen vergleichen, die nur einen geringen Prozentsatz der erforderlichen Medikamente ihrer Patienten selbst verordnen. Die Patienten dieser Praxen erhalten einen erheblichen Teil ihrer Medikamente von anderen Praxen. Alleine aufgrund dieses systematischen Fehlers gelangen im Wesentlichen die Praxen in die Prüfung, die die gesamte medikamentöse Versorgung ihrer Patienten schultern.“
Um Patientinnen und Patienten zu informieren und damit deren Rechte zu stärken, sollen Krankenkassen und Politik außerdem aufgefordert werden, „verpflichtend die Mitglieder aller Krankenkassen in Deutschland regelhaft und schriftlich in allgemein verständlicher Form sowohl über die zentralen Verschreibungsregeln für Medikamente sowie Heil- und Hilfsmittel aufzuklären als auch darzulegen, welchen Prüfprozessen und Verordnungspflichten die niedergelassenen Ärzte unterworfen sind“.
Außerdem fordert der Bayerische Hausärzteverband die gesetzlichen Krankenkassen in Bayern auf, „ihre Versicherte entsprechend den gültigen rechtlichen Regelungen im BMV-Ä darüber zu informieren, dass eine Krankenversichertenkarte bis zum Ablauf der aufgedruckten Gültigkeitsdauer weiter in den Praxen verwendet werden kann, solange für den Versicherte noch keine eGK ausgestellt wurde“.
Hintergrund: Einige gesetzliche Krankenkassen in Bayern hatten Versicherte angeschrieben, wonach angeblich die Krankenversichertenkarten ohne Bild ab dem 1. Januar 2014 ihre Gültigkeit verlieren und die Ausstellung einer eGK erforderlich sei. „Aber das ist nicht korrekt“, dementiert der Bayerische Hausärzteverband und erklärt: „Entsprechende Schreiben einiger gesetzlicher Krankenkassen führen zu großen Verunsicherungen der Versicherten und zu unnötigem und ärgerlichem Mehraufwand in den Praxen bei der Erläuterung und Beantwortung entsprechender Rückfragen der Versicherten. Dieses Vorgehen der Krankenkassen ist so nicht akzeptabel.“

Zusammenfassung der Beschlüsse als PDF

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