Wir sind nicht beim Golfspielen, wir sind beim Impfen

Im Landkreis Rosenheim haben über 500 Ärztinnen und Ärzte einen gemeinsamen Impf-Aufruf im Oberbayerischen Volksblatt veröffentlicht. „Die Resonanz war überwältigend“, berichtet Initiator Dr. Nikolaus Klecker, Bezirksvorsitzender Oberbayern des Bayerischen Hausärzteverbands.

 
Dr. Markus Beier
Dr. Nikolaus Klecker im Interview mit
dem Teamn von SAT1 Bayern.

„Es nervt nur noch. Dauernd werden uns Hausärztinnen und Hausärzten von der Politik Knüppel zwischen die Beine geworfen, dabei sind es die Hausarztpraxen, die im Kampf gegen die Corona-Pandemie in der ersten Reihe kämpfen“, sagt Dr. Nikolaus Klecker, niedergelassener Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin in Rosenheim, Notarzt und Bezirksvorsitzender Oberbayern des Bayerischen Hausärzteverbandes.

Dr. Klecker ist einer der Initiatoren eines dramatischen Impfaufrufs, den 530 Kolleginnen und Kollegen in der Region unterschrieben haben. Tenor: „Es ist fünf nach zwölf. Der Zusammenbruch der medizinischen Versorgung droht Realität zu werden.“

Im Landkreis Rosenheim liegt die 7-Tage-Inzidenz mit 1.103 immer noch deutlich über der 1000er Marke. Der Spitzenwert lag am 25. November sogar bei 1.466. Diese hohe Inzidenz korreliert mit einer geringen Impfquote von rund 58 Prozent in Stadt und Landkreis Rosenheim

„Wir müssen impfen, impfen, impfen, aber das geht nur, wenn wir auch Impfstoff bekommen“, stellt Dr. Klecker klar. Für diesen Samstag hat der engagierte Hausarzt mit seinem Praxisteam einen Impftag organisiert. „So etwas braucht einen Vorlauf von mehreren Wochen. Wir haben 263 Anmeldungen und dementsprechend Impfstoff bestellt, darunter waren auch elf Vials mit dem Impfstoff von Biontech. Kurzfristig hat man uns dann mitgeteilt, dass wir nur 7 bekommen. Für uns hätte das bedeutet, dass wir Impfwilligen wieder hätten absagen müssen, aber ein Kollege hat mir ausgeholfen. Trotzdem ist das ein Unding. Mit so einer chaotischen Impfstofflieferung kann man keine Pandemie in den Griff bekommen“, ärgert sich Klecker.

Stocksauer reagiert der Mediziner, wenn die politisch Verantwortlichen auf dieses Impfstoff-Debakel mit Polemik reagieren und Ärzte zu Sündenböcken abstempeln wollen. „Wir sind nicht beim Golfspielen, wie uns Hausärzten dies der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann unterstellt, wir sind beim Impfen. Nach solchen Aussagen aus der Politik, die unter die Gürtellinie gehen, kann ich mittlerweile viele Kolleginnen und Kollegen verstehen, die nur noch frustriert sind und kurz davor stehen, aus der Impfkampagne auszusteigen.“

Kein Verständnis hat Dr. Klecker auch für Überlegungen aus der Politik, die Apotheker in die Impfkampagne einzubeziehen. „Das Grundübel ist, dass wir nicht zuverlässig und planbar mit genügend Impfstoff versorgt werden“, so der Hausarzt. Wenn Politiker jetzt Apotheker ins Spiel bringen, sei dies nur der Versuch, vom eigenen Versagen abzulenken. Dr. Klecker: „Es ist nicht damit getan, eine Spritze zu setzen, sondern man muss beim Impfen immer den ganzen Menschen im Blick haben. Deshalb haben wir Hausärztinnen und Hausärzte auch die höchste Kompetenz, wenn es ums Impfen geht.“ Hinzu komme, dass Apotheker weder passende Räumlichkeiten hätten noch individuelle Nachfragen der Patienten nicht beantworten könnten.

Dr. Klecker: „Patienten können nach einer Impfung auch Ängste, Kreislaufprobleme oder sogar allergische Reaktionen entwickeln. Da ist ein kompetenter Arzt gefordert, der diese Patienten im Fall des Falles auch mit einer Infusion oder mit Medikamenten behandeln kann.“

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