„Es zeigt, wie wichtig es ist, einen Berufsverband als Rückendeckung zu haben“

Im Interview erklärt Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbands, seine Positionen zum Thema Impfstoffverteilung und zur täglichen Testpflicht in Praxen, die durch den Einsatz der Ärzteschaft - darunter der Bayerische Hausärzteverband - abgewendet werden konnte. Dies zeige, wie wichtig ein Berufsverband als Rückendeckung sei. Er appelliert an die Politik, das Impfen auch weiterhin den Hausärztinnen und Hausärzten zu überlassen.

 
Dr. Markus Beier
Dr. Markus Beier, 
Landesvorsitzender
des Bayerischen Hausärzteverbandes

Herr Dr. Beier, Prof. Dr. Karl Lauterbach ist neuer Gesundheitsminister, Sabine Dittmar Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit. Erstmals führen zwei Ärzte dieses wichtige Ministerium, zudem ist Frau Dittmar auch noch Hausärztin in Bayern. Wird jetzt alles gut?

Dr. Markus Beier: Der Bayerische Hausärzteverband gratuliert Karl Lauterbach und Sabine Dittmar sehr herzlich und wünscht beiden viel Erfolg für ihre neuen Aufgabe. Karl Lauterbach ist einer der renommiertesten Gesundheitsexperten in Deutschland und hat sich insbesondere in der Corona-Pandemie mit viel Herzblut engagiert. Sabine Dittmar ist eine angesehene Kennerin des deutschen Gesundheitswesens, eine hochgeschätzte Kollegin, die aus eigener Praxiserfahrung weiß, was in unserem Gesundheitssystem schiefläuft und wo unter anderem den Hausärztinnen und Hausärzten der Schuh drückt und natürlich auch was unsere MFA und VERAH tagtäglich leisten.

Was sind die akuten Probleme in der Pandemiebekämpfung?

Dr. Markus Beier: Ganz klar: Die Impfstoff-Logistik! Uns Hausärztinnen und Hausärzten werden in der Impfkampagne immer wieder Knüppel zwischen die Beine geworfen, weil Lieferungen von bestelltem Impfstoff kurzfristig abgesagt werden. Es kann nicht sein, dass Praxen über Wochen Extra-Impf-Tage planen und Patienten einbestellen, um dann einem Großteil kurzfristig wieder absagen zu müssen. Wir fordern daher seit Monaten eine gerechtere Verteilung des Impfstoffs. Es muss endlich sichergestellt werden, dass die Praxen bzw. Fachgruppen, die bis dato die Impfungen in Deutschland sichergestellt und einen Großteil der Impfkampagne getragen haben, mit einem Bestellfaktor 3 bis 4 versehen werden. Und wir fordern eine frühzeitige Bestellung von ausreichend Impfstoff für die kommenden Monate. Auch wurde bisher zu wenig wissenschaftliche und zu viel politische Pandemiepolitik betrieben, aber dies ist der neuen BMG Spitze sicher mehr als bewusst.

Für große Empörung hat vor ein paar Tagen die Meldung gesorgt, dass sich Ärzte und Praxismitarbeiter täglich testen müssen.

Dr. Markus Beier: Das hätte den Praxisbetrieb auf einen Schlag lahmgelegt. Hier haben neben dem Bayerischen Hausärzteverband und dem Deutschen Hausärzteverband auch alle anderen Ärzteorganisationen an einem Strang gezogen. So ist es gelungen, diese Kuh wieder vom Eis zu bekommen. Das zeigt aber, wie wichtig es für alle Hausärztinnen und Hausärzte ist, einen engagierten Berufsverband als Rückendeckung zu haben und sollte auch Nichtmitglieder bewegen, Mitglied im Bayerischen Hausärzteverband zu werden.

In der Not hat die Politik sich plötzlich dafür entschieden, dass auch Apotheker, Tierärzte und Zahnärzte impfen sollen. Was halten Sie davon?

Dr. Markus Beier: Das ist ein Offenbarungseid der politischen Hilflosigkeit. Impfen ist weitaus mehr als nur ein Piks. Es ist ein sehr wichtiger Teil der ärztlichen Heilkunde und nicht banal. Wir Hausärztinnen und Hausärzte haben immer den ganzen Menschen im Blick. Deshalb gehört das Impfen in die Hausarztpraxen. Hier können wir die Patienten in entsprechend ausgestatteten Räumlichkeiten fachkundig beraten und bei einem Auftreten von Nebenwirkungen rasch versorgen.

Jetzt könnte man doch sagen: Wer sich traut, soll sich doch in der Apotheke impfen lassen. Jede Impfung ist besser als keine.

Dr. Markus Beier: Das ist nur bedingt richtig, da dadurch das Impfstoff-Logistik-Chaos noch weiter verschärft wird. Je mehr wir klein-klein machen, desto größer werden die Impfstoff-Lieferprobleme für uns Hausarztpraxen. Und desto mehr Impfstoff wird weggeworfen, weil die Impfstoffe von BioNTech und Moderna noch immer nicht als Einzeldosis angeboten werden.

Wie können Sie sich eine Lösung vorstellen?

Dr. Markus Beier: Unabdingbar ist, dass Praxen der hausärztlichen Versorgungsebne bei der Belieferung mit Impfstoff bevorzugt werden, da wir das Rückgrat der Impfkampagne sind. Es kann nicht sein, dass wir uns mit Apothekern, Tierärzten und Zahnärzten einen Wettstreit um BioNTech und Moderna liefern müssen. Ich fordere die Politik deshalb dringend auf, umgehend die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, sonst steht leider zu befürchten, dass immer mehr Kolleginnen und Kollegen und ihre Praxisteams überlegen, aus der Impfkampagne auszusteigen.

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