88 Millionen Corona-Impfungen in Arztpraxen verabreicht – „Apotheken impfen zu lassen, ist ein Irrweg“

Dr. Jakob Berger
 Dr. Markus Beier

Seit April 2021 sind bundesweit Vertragsärztinnen und Vertragsärzte in die Corona-Impfkampagne eingebunden. Seither wurden nach Angaben des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) fast 88 Millionen Corona-Impfungen in Praxen verabreicht – insgesamt mehr als in den Impfzentren, die bereits Ende Dezember 2020 mit den Corona-Impfungen begonnen hatten.

„Großartige Teamleistung vor allem der hausärztlichen Praxen"

„Das ist eine großartige Teamleistung vor allem der hausärztlichen Praxen, die den Löwenanteil der in Praxen verabreichten Coronaimpfungen gestemmt haben. Gleichzeitig sind es auch hauptsächlich die Hausärztinnen und Hausärzte mit ihren Teams, die mit der ambulanten Versorgung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten einen Schutzwall um die Kliniken gebildet haben und damit den Kliniken den Rücken für die Versorgung schwerst Erkrankter freigehalten haben“, erklärt Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. „Das verdient Wertschätzung und Anerkennung.“

Diese bleibt aber weitgehend aus. Das zeigt einmal mehr die gestrige Anhörung zum Pflegebonus-Gesetz. „Statt den Einsatz der hausärztlichen Praxisteams anzuerkennen, beispielsweise durch die Gewährung eines Corona-Bonus für unsere MFA analog dem bereits mehrfach für Pflegepersonal ausgeschütteten Prämien, plant die Bundesregierung eine massive Überschreitung der Grenzen medizinischer Heilberufe zu Lasten der Patientensicherheit und will nun Apotheken per Gesetz zur Verabreichung von Grippeimpfungen berechtigen“, kritisiert Dr. Beier.

Steigerung der Impfrate durch Impfangebot in Apotheken nicht zu erwarten

Ein großer Beitrag zur Steigerung der Impfrate gegen Influenza sei dadurch nicht zu erwarten. Das zeige schon ein Blick auf das Pilotprojekt zur Grippeimpfung in Apotheken, das die AOK Bayern gemeinsam mit dem Bayerischen Apothekerverband im Herbst 2020 initiiert hatte. Laut AOK Bayern haben bislang nur „rund 70 teilnehmende Apotheken über 400 Impfungen“ durchgeführt, was pro Apotheke weniger als sechs Impfungen in rund 18 Monaten entspricht. Die jüngsten Zahlen verabreichter Corona-Impfungen in Apotheken zeichnen ein ähnliches Bild. Laut ZI wurden bundesweit in Apotheken seit Dezember 2021 rund 47.000 Corona-Impfungen verabreicht. „Wenn man die jüngste Zahl des Apothekenverbands ABDA von gut 1000 impfberechtigten Apotheken zugrunde legt, sind das gerade mal 44 Impfungen pro berechtigte Apotheke in vier Monaten. Wir haben zeitweise deutlich mehr Impfdosen an einem Tag in unserer Hausarztpraxis verabreicht. Da möchte man gar nicht wissen, wie viel angebrochene Impfdosen in Apotheken bei diesen Zahlen verfallen sind“, so Dr. Beier.

"Impfen ist weit mehr als nur eine Spritze setzen"

 „Noch einmal: Impfen ist weit mehr als nur eine Spritze setzen. Gerade Hausärztinnen und Hausärzte kennen ihre Patientinnen und Patienten. Sie wissen, welche gesundheitlichen Vorbelastungen eventuell gegen eine bestimmte Impfung sprechen beziehungsweise bei der Wahl des Impfstoffes zu berücksichtigen sind und sind in der Lage, bei unvorhersehbaren Impfreaktionen geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Mit der Einbeziehung nichtärztlicher Berufsgruppen gefährdet die Politik die Patientensicherheit und belastet die bislang vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arztpraxen und Apotheken. Höhere Impfquoten sind ein wichtiges und richtiges Ziel. Apotheken impfen zu lassen, ist jedoch ein Irrweg.“

Diese Einschätzung teilen Ärztinnen und Ärzte Verbands- und fachgruppenübergreifend, wie aus Pressemitteilungen beispielsweise des Deutschen Hausärzteverbandes, der Bundesärztekammer, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und auch der Spitzenverband der Fachärzte Deutschland (Spifa) hervorgeht.

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