Frühjahrstagung Bundesverband: Teampraxis statt Zerstückelung der Versorgung

Stephan Pilsinger
 Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes in Münster.
Foto: Thomas Hauss

Münster war vergangenes Wochenende (21. bis 22. April) Schauplatz der Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes. In ihrem gemeinsamen Bericht zur Lage umrissen der Bundesvorsitzende Dr. Markus Beier und seine Stellvertreterin Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth aktuelle Herausforderungen für die hausärztliche Versorgung und präsentierten die Konzepte und Forderungen des Hausärzteverbandes zur Sicherung der ambulanten hausärztlichen Versorgung. Ein zentraler Aspekt dabei: Die Teampraxis als Gegenentwurf zum Aktionismus der Politik, die auf den Versorgungsdruck im ambulanten Bereich mit Plänen für immer neue Schnittstellen und Versorgungsebenen reagiert.

"Gesundheitssystem wieder einmal in Umbruchsituation"

Für den Ernst der Lage fand Dr. Beier klare Worte: „Wir befinden uns im deutschen Gesundheitssystem wieder mal in einer Umbruchsituation“, stellte er fest. Die Situation habe sich in den letzten Jahren noch weiter zugespitzt, „und das liegt nicht nur, aber auch an der Pandemie.“

So habe man mit massiven Personalmangel zu kämpfen. Es fehlten Hausärztinnen und Hausärzte, aber auch MFA: „Mittlerweile schließen auch hausärztliche Praxen, weil keine MFA mehr da ist“. Außerdem sei der finanzielle Druck auf die Praxen durch Inflation und Kostenanstieg gestiegen. Als Gebot der Stunde sieht Dr. Beier die Fokussierung auf Ressourcenschonung, die Trennung zwischen Bedarf und Bedürfnissen und die Steuerung der Versorgung.

Versorgung im Team unter dem Dach der Hausarztpraxis

Stephan Pilsinger
 Der Bundesvorsitzende Dr. Markus Beier und seine Stellver-
treterin Prof. Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth stellten
gemeinsam ihren Bericht zur Lage vor.
Foto: Thomas Hauss

Ein grundlegendes Konzept dazu stellte seine Stellvertreterin Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth vor: Die Teampraxis. „Der Kerngedanke dabei ist, dass die Versorgung auch weiterhin unter dem Dach der Hausarztpraxis stattfindet und nicht in irgendwelchen neuen Anlaufstellen – seien es Gesundheitskioske oder Spezialambulanzen an Kliniken. Der Patient wird dabei nicht ausschließlich von seiner Hausärztin oder seinem Hausarzt, sondern von einem ganzen Betreuteam in der Praxis versorgt. Hausärztinnen und Hausärzte haben dabei die Leitungsfunktion inne und tragen die Gesamtverantwortung. Gleichzeitig sollen aber eben auch VERAH®, akademisierte VERAH®, Physician Assistent oder Sozialberater mehr Verantwortung in der Patientenversorgung übernehmen können. Je nachdem, mit welchem Anliegen eine Patientin oder ein Patient die Praxis aufsucht, wird die entsprechende Fachkraft ihn versorgen und betreuen. Die Fälle, die unsere ärztliche Expertise wirklich benötigen, landen dann bei uns Hausärztinnen und Hausärzten. So können die vorhandenen Ressourcen effizient eingesetzt und gleichzeitig die Rolle unser Mitarbeitenden gestärkt werden“, beschreibt sie das Modell der Teampraxis.

Zerstückelung der Versorgung bedroht hausärztliche Arbeitsweise

Als größte Gefahr für die Versorgung der Patienten, die hausärztliche Arbeitsweise und Versorgungsqualität bezeichnete Prof. Buhlinger-Göpfarth die immer weiter voranschreitende Zerstückelung der Versorgung, mit der die Politik auf den wachsenden Versorgungsdruck reagiere. “Impfen sollen die Apotheker, steuern die Gesundheitslotsen, beraten die Gesundheitskioske“, kritisierte sie. „Es entlastet aber nicht, wenn irgendein Gesundheitslotse, der die Patienten nicht kennt, irgendwelche schlauen Ratschläge gibt, die dann bei uns wieder diskutiert werden müssen“, stellte sie klar. „Unser Grundgedanke ist: Mehr Team: ja, Zersplitterung der Versorgung: nein“. Klar ist aber auch: Das dafür benötigte qualifizierte Personal muss entsprechend vergütet werden.

Leistung qualifizierter Assistenzberufe müssen vergütet werden

Dem trägt ein Beschluss der Bundesdelegiertenversammlung auf einen Antrag der bayerischen Delegation hin Rechnung: Darin fordern die Delegierten „die Krankenkassen als HZV-Vertragsteilnehmer auf, die Leistung qualifizierter Assistenzberufe im Rahmen der HZV-Verträge angemessen außerhalb bestehender Obergrenzen im Rahmen von Zuschlägen(z.B. Strukturpauschalen / Teampraxis-Zuschlägen) zu vergüten und in entsprechende Verhandlungen mit den Landesverbänden einzutreten.“

Die bayerischen Delegierten meldeten zudem Nachbesserungsbedarf am Eckpunktepapier zum MVZ-Regulierungsgesetz an und brachten einen entsprechenden Antrag ein, der einstimmig von der Bundesdelegiertenversammlung angenommen wurde. Dabei geht es insbesondere um regionale Beschränkungen der Gründungsbefugnisse sowie der Anzahl der Zulassungen in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).

Bundesdelegierte plädieren für Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs

Von Mitgliedern der bayerischen Delegation angeregt und von vielen weiteren Delegierten anderer Landesverbände sowie vom Bundesvorstand mitgetragen ist der Beschluss der Bundesdelegiertenversammlung zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuches (StGB). Hintergrund ist die Intention der Ampel-Koalition, eine mögliche Streichung der §§ 218 ff. im Strafgesetzbuch zu prüfen und die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches festzulegen. „Die Deutsche Hausärzteschaft unterstützt dieses Ansinnen auf Neuregelung. Es bedeutet eine Entkriminalisierung, Entstigmatisierung und eine Verbesserung der Versorgungslage. Die reproduktive Selbstbestimmung und der Schutz des ungeborenen Lebens müssen dabei gleichermaßen berücksichtigt werden“, heißt es dazu in dem Beschluss.

Eine Übersicht aller Beschlüsse der Bundesdelegiertenversammlung vom 21. Und 22. April hat der Deutsche Hausärzteverband in der digitalen Pressemappe zu der Veranstaltung hinterlegt. Dort finden sich auch Pressemitteilungen zu den wichtigsten Ergebnissen der Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes, Pressestatements und visuelle Eindrücke.

Digitale Pressemappe zur Frühjahrstagung des Deutschen Hausärzteverbandes

 

 

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