Durchstarten in der hausärztlichen Versorgung – als Kaufmännische Praxisassistenz

Dr. Holger Nyncke
für die Absolventinnen, hier Milijana Djurica, gab's
zum Zertifikat auch Blumen.

Hinter Milijana Djurica und Sabrina Schlage liegen neun Monate anspruchsvolles Lernen sowie drei Praktika in Hausarztpraxen. Die beiden Frauen gehören zu den ersten von insgesamt neun Absolventinnen der neuen Qualifizierung zur Kaufmännischen Assistenz in Hausarztpraxen. Vergangenen Freitag (28.06.2024) erhielten sie im Rahmen einer Abschlussveranstaltung ihre Zertifikate, am Montag dieser Woche starteten sie in ihre neuen Arbeitsverhältnisse in Münchner Hausarztpraxen.

Milijana Djurica hat eine Vollzeitstelle in einem hausärztlichen MVZ angetreten. „Ich wollte sowas schon lange machen, aber eine Ausbildung kam für mich jetzt nicht in Frage, das hätte zu lange gedauert“, sagt sie. Strukturiertes Arbeiten mit Kontakt zu Menschen – das sei es, was sie an ihrer neuen Tätigkeit in der hausärztlichen Versorgung gereizt habe. Und in dieser Hinsicht erfüllt ihre neue Stelle voll und ganz ihre Erwartungen: Zu ihren Aufgaben gehören die Aufnahme neuer Patientinnen und Patienten am Empfang, die Terminvereinbarung oder auch die Entgegennahme von Anrufen im Backoffice. Erste Erfahrungen hat sie bereits während des ersten Praktikums dort gesammelt – und wurde gleich angeworben. Bereits während der Qualifizierungsmaßnahme hat sie in dem MVZ auf Minijob-Basis gearbeitet.

Spannende Stelle in “super Team“

„Ich hab’s mir vorher nicht so krass vorgestellt, es ist wirklich sehr viel los im MVZ“, räumt sie ein. Trotzdem gefällt ihr die neue Stelle: „Es ist ein super Team hier. Und die Patienten kommen von überall her. Das macht die Arbeit spannend“, findet Djurica, die zuvor als Kosmetikerin gearbeitet hat. Die Qualifizierungsmaßnahme sei sehr anspruchsvoll gewesen, sagt sie rückblickend. „Aber es hat sich gelohnt, ich würde es jederzeit wieder machen“.

Dr. Holger Nyncke
Ihre neue Stelle in einer Hausarztpraxis bezeichnet die
Kaufmännische Praxisassistentin Sabrina Schlage
 im Gespräch als "Jackpot".

So sieht das auch ihre Kollegin Sabrina Schlage, die aus der Gastronomie kommt, aber durch die Corona-Pandemie ihren Arbeitsplatz verloren hat. Als die Einladung vom Jobcenter zu der neuen Qualifizierungsmaßnahme kam, hat sie nicht lange gezögert. Auch sie bestätigt, dass der Kurs anstrengend war und sie viel lernen musste: „Ich hab jetzt zwei gut gefüllte Ordner. Aber wenn das Interesse da ist, lernt man gerne“, stellt sie fest. Und die Dozenten seien „super“ gewesen.

Jobangebot schon im Praktikum

Wie Milijana Djurica hat auch Sabrina Schlage nicht lange auf ein Jobangebot warten müssen. Seit ihrem Praktikum in der Praxis ihres Hausarztes hat auch sie als Minijobberin schon während der Qualifizierung weiter in der Praxis gearbeitet. Am Montag dieser Woche hat sie ihre Festanstellung in Teilzeit angetreten in der kleinen Hausarztpraxis. „Ich mache eigentlich alles, von der Patientenannahme über Telefon bis hin zur Mithilfe bei den Vorbereitungen für Labor und EKG, überall werde ich mit einbezogen. Die Stelle hier in meiner Hausarztpraxis ist wirklich ein Jackpot“, freut sie sich.

Auf all diese Tätigkeiten seien die frisch gebackenen „Kaufmännischen Assistentinnen in der Hausarztpraxis“ bestens vorbereitet, versichert Monika Geisberger. In ihrer Ansprache bei der Abschlussveranstaltung, in der sie sehr persönliche Worte für jede einzelne Absolventin fand, bescheinigte ihnen die Teamleiterin der Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz), in den zurückliegenden neun Monaten großes Durchhaltevermögen bewiesen und viel gelernt zu haben. Dies zu unterschiedlichen Themenbereichen wie Qualitätsmanagement, Praxissoftware und die Struktur unseres Gesundheitssystems. Auch Softskills seien vermittelt worden, etwa professionelles Telefonieren und der Umgang mit schwierigen Patientinnen und Patienten. „Sie können stolz auf sich sein“, lobte Geisberger.

Dr. Holger Nyncke
bfz-Teamleiterin Monika Geisberger bescheinigte den
Absolventinnen, viel gelernt und  großes
Durchhaltervermögen bewiesen zu haben: "Sie können
stolz auf sich sein."

Menschen in Arbeit bringen und Praxen helfen

Sie erläuterte auch, wie es zu der neuen Qualifizierungsmaßnahme gekommen ist. „Der allgemeine Fachkräftemangel macht nicht vor Hausarztpraxen Halt, und es gibt Aufgaben in den Praxen, die von Quereinsteigenden gut übernommen werden könnten, denen aber das nötige Wissen fehlt“, so Geisberger. Hier setze der Kurs an und vermittle die notwendigen Kenntnisse. Damit schlage man zwei Fliegen mit einer Klappe: „Wir bringen Menschen in Arbeit und helfen den Praxen“.

Der Erfolg der neuen Qualifizierungsmaßnahme beruht auf der Zusammenarbeit des bfz mit dem Bayerischen Hausärzteverband, der die Idee für die Qualifizierung mitbrachte und am Curriculum mitgewirkt hat, und dem Jobcenter München, das interessierte Arbeitssuchende kontaktierte. „Da steckt viel Leidenschaft dahinter“, verriet Geisberger, zum Beispiel seitens Monika Tamas vom Jobcenter. „Auch Dr. Wolfgang Ritter hat sich immer Zeit für uns genommen“, sagt sie über den Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes. Auch die Referenten – unter ihnen Markus Schmid, der auch für den Bayerischen Hausärzteverband als Fortbildungsreferent tätig ist -, hätten sich ebenfalls sehr stark eingebracht. „So engagierte Leute für ein Projekt – das ist wirklich ein Glücksfall“, erklärte Geisberger.

Nach Qualifizierung Arbeitsvertrag

Dr. Holger Nyncke
Dr. Wolfgang Ritter, Vorsitzender des bayerischenHausärzte-
verbandes, wies auf mögliche weutere Karriereschritte hin,
die des kaufmännischen Praxisassistentinnen offen stehen.

So konnten im Oktober letzten Jahres die ersten 14 Teilnehmenden starten. Dass am Ende von den 14 neun übrigblieben, hängt auch damit zusammen, dass drei Teilnehmerinnen durch gesundheitliche Probleme gezwungen wurden, den Kurs abzubrechen. Es sei ohnehin damit zu rechnen, dass nicht alle, die eine Qualifizierung beginnen, bis zum Ende dabei bleiben, schilderte Geisberger ihre Erfahrung. „Es ist ganz normal, dass die eine oder der andere feststellt: Das ist doch nichts für mich.“

Von den neun Absolventinnen, die vergangenen Freitag ihre Zertifikate erhalten haben, hätten bereits sechs einen Arbeitsvertrag, berichtete Monika Tamas vom Jobcenter München. „Bei den anderen laufen die Bewerbungsverfahren noch“.

Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes Dr. Wolfgang Ritter hegt keine Zweifel, dass auch sie bald in Hausarztpraxen durchstarten können. „Ich kenne viele Praxen mit Bedarf und freue mich, dass die ersten kaufmännischen Praxisassistentinnen jetzt den Kurs abgeschlossen haben“, erklärte er bei der Abschlussveranstaltung und bot sich bei Bedarf als Vermittler an. Dr. Ritter bedankte sich bei bfz und Jobcenter für die gute Zusammenarbeit und unterstrich die Bedeutung der Absolventinnen, die künftig die Praxisteams unterstützen werden. „Bei uns Hausärztinnen und Hausärzten stehen die Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt, für sie sind wir gerne da. Aber ohne unsere Praxisteams funktioniert es nicht“, stellte er klar. Angesichts des Personalmangels in den Praxen sei die Idee der Qualifizierung entstanden, um Entlastung vor allem bei kaufmännischen Themen in der Praxis zu schaffen.

Perspektiven bis hin zum Master-Abschluss

Dr. Holger Nyncke
Einige der ersten Absolventinnen des Kurses "Kaufmännische
Praxisassistenz in Hausarztpraxen´ mit allen, die an der
neuen Qualifizierung mitgewirkt haben.

„Das ist ein sehr erfüllender Beruf, in der hausärztlichen Versorgung zu arbeiten“, prophezeite er den Absolventinnen, verwies aber auch auf weitere berufliche Möglichkeiten, die den kaufmännischen Praxisassistentinnen nun offenstehen: „Sie müssen hier nicht stehen bleiben. Der nächste Schritt kann die MFA-Ausbildung sein, darauf aufbauend die Qualifizierung zur Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH) bis hin zu einem Master-Studiengang Primary Care Management (PCM).“

Eine Perspektive, die Absolventin Milijana Djurica durchaus attraktiv findet. „Aber jetzt will ich erst mal als kaufmännische Praxisassistentin arbeiten und Geld verdienen“, ist ihr Plan.

Ein Zweiter Kurs, der zur Kaufmännischen Assistenz in Hausarztpraxen qualifiziert, endet im September. Dann beginnt auch wieder ein neuer Kurs. „Das Interesse ist groß“, so Tamasch.

Übrigens: Für die neuen Teilnehmenden werden Praktikumsplätze in Hausarztpraxen im Münchner Raum benötigt. Interesse? Dann wenden Sie sich bitte per E-Mail an Monika Geisberger unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Vielleicht werden auch Sie von Ihrer Praktikantin oder Ihrem Praktikanten so begeistert sein, dass Sie die neue Kraft nicht mehr gehen lassen wollen – so wie die neuen Chefs von Milijana Djurica und Sabrina Schlage.

Fotos: bfz

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