Hausärztinnen- und Hausärztetag: „Wir erwarten, dass Minister Lauterbach Wort hält“

Im einstimmig verabschiedeten Leitantrag forderten die Delegierten des Hausärztinnen- und Hausärztetag die schnelle Umsetztung des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes und stellten fünf Kernforderungen an die Politik.

Hausärzteverein Bamberg
Die beiden Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und
Hausärzteverbandes Prof. Nicola Buhlinger-Göpfarth
und Dr. Markus Beier.
Foto: Marco Urban (www.marco-urban.de)

„Die Politik muss endlich handeln. Das belegt auch die repräsentative Civey-Umfrage, die zum Hausärztinnen- und Hausärztetag vorgestellt worden ist. Demnach befürchtet bereits heute eine deutliche Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger, dass die Politik zu wenig für die Sicherung der hausärztlichen Versorgung tut. Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, dass die Verabschiedung des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes in immer weitere Ferne rückt. Der Bundesgesundheitsminister hatte öffentlich versprochen, mit diesem Gesetz die hausärztliche Versorgung zu stärken. Und wir erwarten, dass Minister Lauterbach Wort hält“, zieht Dr. Wolfgang Ritter, Landesvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, nach dem 45. Hausärztinnen- und Hausärztetag in Berlin Bilanz.

Warnung vor Öffnung kleiner Kliniken für hausärztliche Versorgung

Auch weitere Dauerthemen, die die Hausarztpraxen seit Jahren bedrohen, wurden auf dem Jahrestreffen thematisiert. So warnte Co-Bundesvorsitzender Dr. Markus Beier vor dem geplanten Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz: „Für uns bleibt der größte Pferdefuß der politische Versuch, kleine Kliniken für die hausärztliche Versorgung zu öffnen.“ Aus einer „Verbesserung“, wie es der Name suggeriert, werde dadurch eine deutliche Verschlechterung, so Dr. Beier: „Statt einer Unterstützung der überlasteten Hausarztpraxen besteht die Gefahr, dass diese unter der zusätzlichen Konkurrenz um ärztlichen Nachwuchs in die Knie gehen.“

Leitantrag mit fünf Kernforderungen einstimmig verabschiedet

Einstimmig verabschiedeten die Delegierten den Leitantrag „Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (GVSG) jetzt umsetzen“ mit fünf Kernforderungen an die Politik.

  • Erstens: Sicherung der Versorgungsqualität und zeitnahe Umsetzung. Das GVSG muss ohne Verzögerung umgesetzt werden, da jede Verzögerung die hausärztliche Versorgung weiter unter Druck setzt und die flächendeckende Versorgung gefährdet.

  • Zweitens: Finanzielle Stabilität der Praxen. Die Regelungen zur Entbudgetierung müssen so ausgestaltet sein, dass die politisch schon seit Langem versprochene fnanzielle Entlastung der hausärztlichen Praxen auch tatsächlich ankommt.

  • Drittens: Angemessene Vorhaltepauschalen. Die Vorhaltepauschalen müssen so ausgestaltet sein, dass die Versorgungsleistungen der hausärztlichen Praxen gegenüber allen Patientinnen und Patienten berücksichtigt werden, einschließlich derjenigen, die im Rahmen der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) abgerechnet werden.

  • Viertens: Jahrespauschale für eine klar defnierte Patientengruppe. Die geplante jährliche Vergütung für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit einer Diagnose und einem verordneten Medikament ist ein immenser Innovationssprung im EBM. Sie entlastet Praxisteams sowie Patientinnen und Patienten durch die Reduktion medizinisch nicht zwingend erforderlicher Praxis-Patienten-Kontakte.

  • Fünftens: Langfristige Förderung der hausärztlichen Versorgung. Die langfristige Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung erfordert zusätzliche Maßnahmen über die Umsetzung des GVSG hinaus. Dazu gehört die dauerhafte Sicherstellung einer angemessenen Vergütung für die sprechende und beziehungsorientierte Medizin in den hausärztlichen Praxen, um wirtschaftliche Anreize für den Nachwuchs zu setzen sowie bessere Arbeitsbedingungen in den Praxen zu schaffen. Dazu gehört auch explizit, die hausärztliche Versorgung als Teamleistung gemeinsam mit weiteren qualifzierten nichtärztlichen Fachberufen zu ermöglichen und zu fördern. Es muss dafür gesorgt werden, dass der Beruf der Hausärztin/des Hausarztes sowie das Arbeiten in hausärztlichen Praxisteams attraktiv bleiben und genügend Nachwuchs gewonnen wird, um den steigenden Versorgungsbedarf zu decken. Die Politik ist gefordert, über das GVSG hinaus eine umfassende und nachhaltige Strategie zur langfristigen Sicherung der hausärztlichen Versorgung zu entwickeln. (…) Leitbild hierfür sollte das HÄPPI-Konzept („Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung Interprofessionell“) des Hausärztinnen und Hausärzteverbandes sein, dass die hausärztliche Versorgung durch qualifzierte Praxisteams in den Vordergrund stellt.

GVSG schnellstmöglich umzusetzen!

Zur einstimmigen Annahme des Leitantrages erklärten die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier: „Die Hausärztinnen und Hausärzte Deutschlands fordern die Ampel-Koalition und insbesondere Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach geschlossen auf, die Versprechen an uns und unsere Patientinnen und Patienten einzuhalten und das GVSG schnellstmöglich umzusetzen. Die hausärztliche Versorgung ist das Fundament unseres Gesundheitssystems. Ihre Bedeutung wächst mit den aktuellen gesundheitspolitischen Herausforderungen. Das sehen wir jeden Tag in unseren Praxen, aber auch mit Blick auf die aktuellen Reformvorhaben. Ob es um eine stärkere Prävention und frühere Behandlung von Herz-Kreislauferkrankungen geht, um die Sicherung der völlig überlasteten Notfallversorgung oder um den Roll-out der elektronischen Patientenakte – kaum ein politisches Vorhaben im Gesundheitswesen kommt mehr ohne hausärztliche Ressourcen aus. Statt aber die Stärkung der hausärztlichen Praxen entsprechend oben auf die Agenda zu setzen, rückt das GVSG auf der Dringlichkeitsliste der Regierung immer weiter nach hinten und verschiebt sich Monat für Monat. Wir warnen die politischen Verantwortlichen eindringlich davor, immer mehr auf unsere Schultern zu laden und uns gleichzeitig am langen Arm verhungern zu lassen. Wer hausärztliche Versorgung bestellt, muss sie auch finanzieren.“

Digitale Pressemappe zum Hausärztinnen- und Hausärztetag 2024

 

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