MdB Dr. Stephan Pilsinger (CSU): „Jedem sollte bewusst sein: Wer HÄPPI nutzt, wird happy bleiben!”
Mit Dr. Stephan Pilsinger, Arzt und direkt gewähltem CSU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag im Bundestagswahlkreis München-West/Mitte, setzen wir unsere Reihe mit Kurzinterviews zu drei Fragen im Vorfeld der Bundestagswahl fort. Auch er stellt sich hinter die HZV und plädiert für eine Bonifizierung, um sie zu fördern. Zudem outet er sich als HÄPPI-Fan.
Inwieweit unterstützen Sie die Weiterentwicklung und Stärkung der HZV und welche Anreize sollten Versicherte erhalten, die an der HZV teilnehmen?
Dr. Pilsinger: Die HZV ist schon heute ein Erfolgsmodell für die teilnehmenden Patienten, aber auch für die sie anbietenden Ärzte. Patienten werden über ihren Hausarzt gezielt in die Versorgungsebene gesteuert, die sie individuell benötigen.
Um die Effizienz im deutschen Gesundheitssystem merklich zu heben und die Menschen gezielt durch das Dickicht der Versorgungslandschaft zu lotsen, brauchen wir eine Bonifizierung der weiterhin freiwilligen HZV. Dazu müssen die Kassen verpflichtet werden, einen etwas günstigeren HZV-Tarif anzubieten, in dem sich der Versicherte verpflichtet, bei nicht chronischen Problemen zuerst seinen Hausarzt aufzusuchen, der eine eventuell notwendige Überweisung zum Facharzt veranlasst. Ausnahmen könnten dabei gynäkologische, augenärztliche oder orthopädische Praxen sein, wo von vorneherein klar ist, welcher Arzt anzusteuern ist.
Wer aber weiterhin völlig freie Arztwahl haben will und dabei eventuell gleich mehrere Ärzte derselben Fachgruppe ansteuern will, der muss dann halt einen etwas höheren Beitrag zahlen. Ich bin überzeugt, dass wir so Millionen von Patienten in die HZV bekommen - nicht nur weil dieses Steuerungsinstrument einfach sinnvoll ist, sondern weil der Versicherte so Monat für Monat Geld spart - für Viele ein wichtiges Kriterium. Viel Geld spart so im Übrigen auch das Gesundheitssystem, indem mit der HZV-Doppeluntersuchungen und Mehrfachkontakte zu Ärzten derselben Fachgruppe verhindert werden.
Wie beurteilen Sie dieses Konzept und welche Fördermöglichkeiten sehen Sie?
Dr. Pilsinger: Das HÄPPI-Konzept halte ich für sehr innovativ und vorausschauend. Wenn wir uns die demographische Entwicklung anschauen und damit die mehr und mehr steigende Multimorbidität eines stark wachsenden älteren Bevölkerungsanteils, sehen wir, wie wichtig hausärztliche Kooperation in Teams ist und noch werden wird. Das gilt besonders in ländlichen Räumen, wo sich der Hausarztmangel nach dem beruflichen Ausscheiden der sog. „Babyboomer“ noch verschärfen wird. Als nebenberuflich weiterhin praktizierender Hausarzt in einer ländlich geprägten Region weiß ich, wovon ich spreche.
Die Versorgung der Bevölkerung im Team bereichert auch uns Ärzte ebenso wie die Mitarbeiter der nicht-akademischen Gesundheitsberufe, wenn wir uns gegenseitig austauschen, fachlich dazulernen und uns gegenseitig ergänzen. Das kann sich nur positiv auf die Patienten auswirken, ebenso die verstärkte telemedizinische Einbindung der Patienten, wie sie HÄPPI vorsieht. Ich kann mir vorstellen, zur Förderung dieses sinnvollen Modells ein entsprechendes Förderprogramm für die teilnehmenden Praxen aufzulegen - ob auf Bundes- oder auf Landesebene. Jedem sollte bewusst sein: Wer HÄPPI nutzt, wird happy bleiben!
Fehlende Patientensteuerung, Nachwuchsmangel bei Ärztinnen und Ärzten sowie MFAs, zunehmende Bürokratie, nicht funktionierende Digitalisierung – welches Themenfeld würden Sie nach der Wahl als erstes angehen? Und welchen Lösungsansatz haben Sie?
Dr. Pilsinger: Die oben skizzierte Patientensteuerung steht bei mir ganz oben auf meiner gesundheitspolitischen Agenda. Ich bin froh, dass die Entbudgetierung der Hausärzte auf den letzten Metern dieser Wahlperiode nun wohl doch noch kommen wird. Da hat die einstige Ampel mehr als drei Jahre geschlafen. Das hätten wir längst umsetzen können. Als junger Arzt, der auch noch viel im Kontakt mit Medizinstudenten steht, mache ich mir über die Nachwuchssituation durchaus Sorgen. Ein gewichtiges Problem sehe ich im Numerus Clausus als dem zentralen Zugangskriterium für das Medizinstudium. Ob wir so die für den Arztberuf geeignetsten Kandidaten herausfiltern, bezweifele ich. Die Abiturnote allein halte ich für ziemlich willkürlich. Fairer und zielführender wäre für mich ein bundesweit einheitlicher Medizinertest, wie es ihn etwa in Österreich gibt. Daneben sollte das bisherige ehrenamtliche Engagement im sozialen Bereich und im Gesundheitssektor deutlich mehr Gewicht bei der Auswahl zum Medizinstudium bekommen. Da müssen sich die Bildungspolitiker, die Länder und auch die Universitäten mal ehrlich machen und bewegen. Als drittes mir wichtiges Projekt möchte ich die notwendige Reform der Krankenhausreform sowie die überfällige Notfallreform nennen, die die Ampel nicht mehr über die Wupper bekommen hatte. Hier müssen auch die niedergelassenen Ärzte sinnvoller eingebunden werden, ohne sie gleichzeitig zu überlasten.