Hausarztpraxen in der Forschung: Ein Gewinn für die Wissenschaft und für Praxisteams

Dr. Holger Nyncke
 Prof. Dr. Jochen Gensichen fragte bei...

Lehrstühle für Allgemeinmedizin sind nicht nur enorm wichtig, um Medizinstudierenden die „Königsdisziplin“ in der Medizin nahe zu bringen. An den Lehrstühlen wird auch die Forschung koordiniert. Und dabei spielen Hausarztpraxen eine entscheidende Rolle. Was die Teilnahme an Studien für Hausärztinnen und Hausärzte attraktiv macht und welchen Mehrwert hausärztliche Praxisteams von der Forschungsarbeit erwarten können, wollte Prof. Dr. Jochen Gensichen, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der LMU, von seinem Amtsvorgänger Prof. Dr. Jörg Schelling wissen, der als Hausarzt in Martinsried bei München niedergelassen ist und sich im Forschungsnetzwerk BayFoNet engagiert. Zudem ist Prof. Schelling Beauftragter für Wissenschaft und Forschung des Bayerischen Hausärzteverbands.

Prof. Gensichen: Welchen Mehrwert hat die aktive Teilnahme an klinischen Studien für das hausärztliche Praxisteam?

Prof. Schelling: Sowohl die in der Praxis arbeitenden Ärztinnen und Ärzte als auch die Medizinischen Fachangestellten bekommen einen Einblick in wissenschaftliches Arbeiten, Datenerhebung und teils neue Diagnose- und Therapieverfahren. Zudem erhalten Mitarbeitende in einer Forschungspraxis Schulungs- und Weiterbildungsangebote und werden während der Studie durch eine persönlichen Ansprechpartnerin betreut. In vielen Fällen ist auch eine Vergütung für das Praxisteam im Rahmen der Studienteilnahme möglich.

Prof. Gensichen: Was bedeutet die Teilnahme hausärztlicher Praxen für den Fachbereich Allgemeinmedizin?

Prof. Schelling: Hausärztliche Versorgung findet in der Praxis statt und dort kann auch dazu geforscht werden. Die erhobenen Primärdaten stammen wirklich aus der täglichen Arbeit und erlauben oftmals bessere Aussagen als nachträglich aus Krankenkassendaten oder Abrechnungsdaten erhobene Erkenntnisse. Zudem entsteht ein Wir-Gefühl zwischen Versorgungspraxen und allgemeinmedizinischer Forschung.

Dr. Holger Nyncke
 ...Prof. Dr. Schelling nach,was die Teilnahme
an Studien für Hausarztpraxen attraktiv macht.

Prof. Gensichen: Wie nehmen die hausärztlichen Patientinnen und Patienten die aktive Teilnahme „ihrer Hausarztpraxis“ an klinischen Studien wahr?

Prof. Schelling: Der Großteil der Patientinnen und Patienten steht den Projekten aufgeschlossen und teils sogar sehr motiviert gegenüber. Das steigert sich noch, wenn eigene Beschwerden oder Erkrankungen im Focus der Forschungsprojekte stehen. Die Mitbetreuung durch die allgemeinmedizinischen Institute führt dazu, dass sich manchen Teilnehmende auch besser und umfassender betreut fühlen, wenn es um ihre aktuelle Behandlung geht. Grundsätzlich führt eine persönliche und authentische Empfehlung durch das Praxisteam oft zu einer Studienteilnahme.

Prof. Gensichen: Und zu guter Letzt: wie müssen klinische Studien sein, damit sie für die Forschungspraxen attraktiv und machbar ist?

Prof. Schelling: Die Themen sollten "aus der Mitte" der Versorgung stammen, häufige und relevante Fragestellungen aufgreifen und diese weiterentwickeln. Die Praxisteams sollten das Gefühl haben, dass ihre Arbeit realistisch erfasst und erkannt wird und sich durch die Interventionen verbessert.

Und die Kommunikation zwischen Praxen und den Forschungseinheiten muss transpatent und auf Augenhöhe erfolgen. Hierzu kann auch eine Partizipation an der Auswertung und Publikation der Ergebnisse gehören. Die Perspektive für eine Implementierung in die Regelversorgung mit entsprechenden Vergütungsstrukturen kann ebenfalls eine positive Rolle spielen.

 

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