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Zitrone mit bvkj

In der vorletzten Woche vor der Bundestagswahl gab es gleich zwei Diskussionsabende in der Reihe „Klartext-Hausarztmedizin – der Politik-Talk“. Den Anfang machte am Dienstagabend die Bundestagsabgeordnete und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion Sabine Dittmar. In der virtuellen Diskussionsrunde, moderiert von Diplom-Journalist Torsten Fricke, tauschte sich die Hausärztin und Politikerin mit Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, über die anstehenden gesundheitspolitischen Herausforderungen aus.

„Jetzt liegt dieses Ding seit November letzten Jahres in den Ländern“

Dazu gehört für sie, die Reform der Ärztlichen Approbationsordnung endlich ins Laufen zu bringen – für sie eines der dringlichsten Themen, wie sie gleich zu Beginn der Diskussion verdeutlichte. Im Verlauf der Diskussion brachte sie ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass es immer noch keine neue Ärztliche Approbationsordnung gibt. Bereits im November 2020 habe der Referentenentwurf für die Approbationsordnung vorgelegen, „den fand ich ganz ok“. Er habe viele Punkte enthalten, „die uns wichtig waren“, wie beispielsweise das PJ-Quartal in der ambulanten Versorgung. „Jetzt liegt dieses Ding seit November letzten Jahres in den Ländern, und es ist keine Verständigung zu erzielen zwischen Gesundheit, Kultus und Universitäten. Das finde ich wirklich sehr ärgerlich“.

In der nächsten Legislatur einen Konsens herbeizuführen und diese Approbationsordnung zum Abschluss zu bringen, ist in Dittmars Augen die dringlichste Aufgabe für den zukünftigen Chef oder die zukünftige Chefin des Bundesgesundheitsministeriums. „Da muss der künftige Gesundheitsminister/die künftige Gesundheitsministerin mehr als eine moderierende Rolle einnehmen“, ergänzte sie später.

Kostenberechnung „jenseits von Gut und Böse“

Die Gründe für die Verzögerungen legte Dr. Beier dar. Der Fakultätentag habe zu den Mehrkosten, die mit der Umsetzung des Referentenentwurfs verbunden sind, Berechnungen vorgelegt, die „jenseits von Gut und Böse“ sind. Dadurch ist diese Reform sehr teuer gerechnet worden, sodass die Finanzminister der Länder sie nicht umsetzen wollen. „Die Kultusminister glauben dem Fakultätentag, die GesundheitsministerInnen können die Berechnungen des Fakultätentags jedoch nicht nachvollziehen“, so Dr. Beiers Eindruck. Daher komme man nicht voran. „Die Universitäten sind aus meiner Sicht immer noch nicht bereit, die Wichtigkeit des ambulanten Systems anzuerkennen und den Studierenden diese Erfahrungen auch zuzugestehen“.

Er wies darauf hin, dass sich die Studienzeit durch die geplante Reform der Approbationsordnung ja nicht verlängert und schon von daher klar sein müsste, dass nicht mit einer Verteuerung von zig zehntausend pro Studienplatz zu rechnen ist. „Ich hoffe auch – und da sind wir mit dem Bundesverband dran – dass wir dieses Jahr noch etwas auf den Weg bringen können“, so Dr. Beier. „Die Umsetzung selber dauert ja dann auch fünf Jahre. Diese ganzen Klebeeffekte, die wir erzielen wollen für die dünn besiedelten Regionen, ziehen sich ja immer weiter in die Länge, wenn damit nicht begonnen wird“.

Großpraxen schwer nachzubesetzen

Dass die Zeit drängt beim Thema hausärztlicher Nachwuchs, konnte Dittmar aus ihrem Wahlkreis Bad Kissingen bestätigen. Zwar gebe es auf dem Papier noch eine leichte Überversorgung. „Aber unser Problem ist, dass die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen über dem Durchschnitt alt sind“, erklärte sie. Sehr schwierig sei es, große Praxen nachzubesetzen – das zeige sich gerade einmal mehr an einem aktuellen Beispiel. Eine Ärztin oder ein Arzt allein wolle solche Großpraxen mit dem daran hängenden Arbeitsaufwand kaum noch übernehmen. „Ich persönlich glaube, dass wir da mehr zu Ärztenetzen und Zusammenschlüssen kommen müssen“, sagte sie und hob als positives Beispiel die Oberlandpraxis der Dres. Treiber in Stadtlauringen hervor.

Landarztquote: „Ein Hausarzt ist kein Wald- und Wiesearzt“

Eine weitere Maßnahme zur Förderung der Allgemeinmedizin ist die Landarztquote, der Dittmar kritisch gegenübersteht. Wer einen begehrten Studienplatz möchte, verspricht erstmal alles, argwöhnt sie, und wenn man sich später rauskaufen könne, verfehle das Konzept seinen Zweck. Da müsse man erst mal abwarten, ob’s was bringt. Ein anderes Problem sieht sie in falschen Vorstellungen, die durch die Landarztquote geweckt werden könnten, dass es nämlich für den Landarzt schon noch reicht, wenn man nicht so gut in der Schule war. „Jetzt mal ehrlich: Ein Hausarzt, ein Landarzt, ein Allgemeinmediziner, das ist kein Wald- und Wiesenarzt. Das ist ein hochanspruchsvoller Bereich. Klar brauch ich kein Einser-Abitur, aber das brauche ich auch nicht für einen Internisten, Kardiologen oder Radiologen“, stellte sie klar.

„Was den Anspruch an uns angeht, bin ich ganz bei Sabine Dittmar“, stimmte Dr. Beier zu. Allerdings sei für ihn die Landarztquote einer von vielen Bausteinen, Medizinstudierende für die Hausarzttätigkeit in ländlichen Regionen zu gewinnen, sagte er und verwies auch auf Projekte der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband wie PJ- und Famulaturförderungen im ländlichen Raum. „Wir brauchen diesen Klebeeffekt, der sich einstellt, wenn die Studierenden diese anspruchsvolle und abwechslungsreiche Tätigkeit in unseren Praxen leben und vorgelebt bekommen“, so Dr. Beier. Hier sei man auf einem guten Weg: „Die Allgemeinmedizinzahlen steigen wieder in den Facharztprüfungen“.

Mehr Medizinstudienplätze und andere Auswahlverfahren

Weitere Stellschrauben, um mehr Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner zu bekommen, sieht Dittmar generell in der Aufstockung der Medizinstudienplätze, wie Bayern dies in Augsburg bereits tut, und in einem von der Abiturnote unabhängigeren Auswahlverfahren für das Medizinstudium. Neben persönlichen Auswahlgesprächen und Tests denkt Dittmar hier vor allem an persönliche Erfahrungen oder eine Berufsausbildung im medizinischen Bereich. Das sehe der Masterplan Medizinstudium 2020 ja auch vor, der immer noch auf seine Umsetzung wartet.

Beim Thema Hausarztzentrierte Versorgung, die ja mit Blick auf den hausärztlichen Nachwuchs auch eine Rolle spielt, haben die Hausärztinnen und Hausärzte in Bayern „essentielle Fürsprecher in Sabine Dittmar und dem Bereich, den sie in der SPD zu verantworten hat“, unterstrich Dr. Beier und bedankte sich an der Stelle für ihr Engagement. Dittmar selbst erinnerte daran, dass die SPD für die Hausarztverträge gekämpft und diese Versorgungsform auch am Leben gehalten habe, als Angriffe von verschiedenen Seiten kamen – auch in der laufenden Legislaturperiode, als es um das Thema Kodierung ging und man auf die Diagnosen in den Hausarztverträgen verzichten wollte. „Ich kann Ihnen sagen, es hat mich viel Überzeugungsarbeit gekostet, den Herren im Ministerium und dem Herrn Minister klarzumachen, dass die Diagnose unsere Sprache in der Medizin ist und wir nicht darauf verzichten können“.

Keine Bewegung bei HZV-Boni

Man habe sich auch dafür eingesetzt, dass Krankenkassen Ersparnisse aus der HZV an die eingeschriebenen Versicherten weitergeben, um die HZV anzukurbeln, sprach Dittmar das Thema Bonusregelungen an. „Wir haben Kassen und Kassensysteme begleitet, die das wirklich sehr konstruktiv angehen und die in ihrem Patientenkollektiv Gruppen gesehen haben, denen sie gerne Boni eingeräumt hätten“, berichtete Dr. Beier. Gescheitert seien solche Bestrebungen aber am Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS), das auf einer Gesamtbetrachtung bestanden und sehr strenge Vorgaben gemacht habe.

Moderator Torsten Fricke lenkte das Gespräch immer wieder auch auf das Wahlprogramm der SPD. Auf die darin propagierte Bürgerversicherung wollte Dittmar nicht weiter eingehen - „das Konzept der solidarischen Bürgerversicherung ist jetzt ja kein neues Thema“ – , betonte aber, dass es aus ihrer Sicht auch im jetzigen Krankenversicherungssystem keine Zwei-Klassen-Medizin gebe, wie oft behauptet. Zutreffender sei ein Zwei-Klassen-Service, der sich vor allem im Wartezimmer oder bei der Terminvergabe zeige. Ihr war es wichtig, Wert darauf zu legen, „dass der gesetzlich Krankenversicherte sich auf eine qualitätsgesicherte, evidenzbasierte Medizin verlassen kann“.

Gut durch die Pandemie Dank stabilem ambulanten Bereich

Auch in der Corona-Pandemie habe sich unser Gesundheitssystem als stabil erwiesen. „Im Vergleich zu vielen anderen Ländern in Europa sind wir gut durch die Pandemie gekommen“, so Dittmars Einschätzung. Dass Deutschland Situationen wie in Italien im Frühjahr 2020 erspart wurden, spricht sie vor allem guter Vernetzung und Kooperation sowie einem stabilen ambulanten Bereich hierzulande zu. „Die Patienten, die in der Krankenhausambulanz aufgeschlagen sind mit leichten Infekten, weil sie nicht wussten, wo sie sonst hingehen sollten, sind bei uns von der niedergelassenen Ärzteschaft aufgefangen worden. Hier hat in der Pandemie das Zusammenspiel zwischen stationär und ambulant gut funktioniert“, findet sie. Auch die Digitalisierung habe im ambulanten und stationären Bereich Schub erfahren. Als Beispiele nannte Dittmar Videosprechstunden und elektronische AU.

„Wir haben gesehen, dass unser System mit einer starken ambulanten Schiene, wo ambulant vor stationär eine Prämisse ist, sehr gut funktioniert hat“, bestätigte Dr. Beier Dittmars Einschätzung und unterstrich die Leistungen der Praxisteams, die Dank verdienen: „Es waren und sind teilweise immer noch sehr aufopfernde Zeiten durch die Pandemie.“

Die Pandemie habe aber auch Defizite zum Vorschein gebracht. „Deshalb sind natürlich Lehren aus der Pandemie zu ziehen“, folgerte Dittmar. Eines der Beispiele, die sie nannte, war die Digitalisierung.

„Wollen nicht Testfeld für unausgegorene Technologien sein“

Auch hier stimmte Dr. Beier zu, wies aber darauf hin, „dass die Dinge, die uns in den Praxen helfen würden, noch nicht funktionieren“. Beispiel elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU): „Funktionieren tut da noch nichts, selbst wenn man sich bemüht“, so Dr. Beiers Erfahrung. Die Gefahr dabei sei, dass der Frust in den Praxen sich dann generell gegen die Digitalisierung richte. Dabei würde jeder den Mehrwert einer funktionierenden Digitalisierung erkennen, ist Dr. Beier überzeugt und nannte als Beispiel die digitale Impfplanung. „Die Praxen, die das genutzt haben, konnten die Arbeitserleichterung sehen, die das gebracht hat.“ „Wir wollen aber nicht das Testfeld für unausgegorene Technologien sein“, schloss er.

Ein weiterer Punkt aus dem Wahlprogramm, der zur Sprache kam, ist die Überwindung der Sektorengrenze. Dabei gehe es um die Verbesserung der Zusammenarbeit über die Sektorengrenzen hinweg, erläuterte Dittmar und verwies auf eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die ihre Partei zur sektorenübergreifenden Versorgung eingerichtet habe. Ein Abschlusspapier gebe es Corona-bedingt nicht, was Dittmar schade findet: „Da sind schon sehr spannende Ideen entwickelt worden“. Sie verwies darauf, dass im Rahmen des Belegarztsystems ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzte im stationären Bereich arbeiten können. „Genauso kann man das andersherum auch zulassen“.

„Sorgenfalten“ beim Thema Aufhebung von Sektorengrenzen

„Bei uns im hausärztlichen Bereich löst das schon Sorgenfalten aus“, entgegnete Dr. Beier und erinnerte daran, dass die erste rot-grüne Koalition den Hausärztinnen und Hausärzten „das Leben gerettet hat, indem die Topftrennung wieder richtig eingeführt wurde“. „Wir haben erlebt, dass die Aufhebung von Sektorengrenzen, die mit der Aufhebung der Honorartöpfe einhergeht, immer zu Lasten der sprechenden Medizin geht“, führte er aus, räumte aber ein: „Wenn der hausärztliche Kern und die Hausarztzentrierte Versorgung dabei unangetastet bleiben, können wir uns das sehr gut vorstellen, dass jede Region andere Einheiten hat, die sie ansteuert“. Das sei eine Frage der Umsetzung und des Schutzes des hausärztlichen Bereichs.

Anerkennung und neue Berufschancen für MFA

Beieinander waren Sabine Dittmar und Dr. Beier bei der Frage, wie der Beruf der MFA attraktiver gestaltet werden kann. Neben dem Gehalt sah Dittmar in der Übertragung von mehr Verantwortung einen wichtigen Aspekt und nannte als Beispiel die Versorgungsassistentin in der Hausarztpraxis (VERAH). Das sieht auch Dr. Beier so und berichtete über Bestrebungen des Bayerischen Hausärzteverbandes, den MFA und VERAH einen berufsbegleitenden Studiengang anzubieten, um so das Berufsbild der MFA um eine akademische Komponente zu erweitern. „Natürlich hätte uns Anerkennung für die Leistungen in der Pandemie in Form eines MFA-Bonus auch sehr geholfen“, merkte er an. „Anerkennung nach außen, aber auch Berufschancen und -wege eröffnen, die in unseren Praxen mehr Delegation ermöglichen ist das, was wir als Verband auf den Weg bringen“, fasste er zusammen.

„Bleiben Sie, wie Sie sind!“

Wie in den vorangegangenen Diskussionsrunden hatten Dr. Beier und Sabine Dittmar bei Moderator Torsten Fricke wieder drei Wünsche frei. Sabine Dittmar wünschte sich weiterhin eine gute Zusammenarbeit, dass Hausärztinnen und Hausärzte das Rückgrat der Versorgung bleiben und: „Bleiben Sie, wie Sie sind!“

Dr. Beier hatte neben der Sicherung der HZV, der zügigen Reform der Approbationsordnung und einem Stopp von MVZ-Strukturen und Kapitalträgerstrukturen, „die einzelne Versorgungsbereiche schon beginnen, auszuplündern“, noch einen vierten Wunsch: „Wir vom Bayerischen Hausärzteverband würden uns wünschen, dass unser Mitglied Sabine Dittmar auch künftig wieder mitmischt in der Gesundheitspolitik“.

 

 

 

 

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