Nachwuchstag: „Ihr habt sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Allgemeinmedizin!“

 
Dr. Jakob Berger
Der Vorsitzende Dr. Markus Beier bei der Begrüßung zum Nachwuchstag.

Medizinstudierende fragen sich häufig: Welche Förderungen gibt es für die Praxisphasen im Studium? Welche Fachrichtung soll es am Ende sein? Und ist es sinnvoll, eine eigene Praxis zu gründen?

All das und mehr wurde auf dem Nachwuchstag Meet & Connect im E-Werk Erlangen besprochen. Dabei ging es vor allem um die Zukunftschancen für angehende Hausärztinnen und Hausärzte. „Ihr habt sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Allgemeinmedizin!“ brachte es Vorstandsmitglied Dr. Wolfgang Ritter auf den Punkt.

Rege diskussion in Erlangen

Den Auftakt der Veranstaltung bildete eine Podiumsdiskussion im E-Werk Erlangen mit den Vorstandsmitgliedern des Bayerischen Hausärzteverbandes Dr. Wolfgang Ritter und Dr. Beate Reinhardt sowie Prof. Dr. Marco Roos, Lehrstuhlinhaber für Allgemeinmedizin an der Universität Augsburg und Leiter des Kompetenzzentrums Weiterbildung Allgemeinmedizin Bayern (KWAB).

Weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren Christina Batz vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, Dr. Matthias Fischer von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB), Dr. Claudia Dodeller von der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (KoStA). Ergänzt wurde die Runde durch die beiden Ärztinnen in Weiterbildung Dr. Johanna Mühldorfer und Dr. Verena Malleier, die über ihre eigenen Erfahrungen berichteten.

Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die beiden Ärztinnen in Weiterbildung, Dr. Johanna Mühldorfer und Dr. Verena Malleier, aus Effeltrich berichteten von den Möglichkeiten in der Weiterbildung. Dr. Malleier erklärte, dass sie während dem Studium „noch nicht überzeugt“ von der Allgemeinmedizin gewesen sei. Zunächst habe sie Innere Medizin machen wollen und war dafür an einer Klinik. Dann sei sie ein Jahr in Elternzeit gewesen und in der Gemeinschaftspraxis Effeltrich beschäftigt gewesen. „Die Allgemeinmedizin ist der Bereich in der Medizin, in dem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie am besten und stressfreiesten funktioniert“, erklärte sie.

Die Kolleginnen aus der Klinik dagegen hätten anschließend immer einen Karriereknick gehabt – „in der Allgemeinmedizin macht man da weiter, wo man aufgehört hat“, meinte sie.
Ähnlich sah das auch Dr. Mühldorfer, die seit fünf Wochen Mutter sei und sagte: „Ich denke, der Wiedereinstieg wird gut gelingen“.

Viele Gestaltungsmöglichkeiten – mit der eigenen Praxis

„Ihr habt sämtliche Gestaltungsmöglichkeiten in der Allgemeinmedizin!“ brachte Vorstandsmitglied Dr. Wolfgang Ritter die Zukunftschancen für Hausärztinnen und Hausärzte auf den Punkt. Gerade wer sich niederlassen will, kann hohe Fördersummen erhalten, wie sich im Verlauf der Podiumsdiskussion zeigte. Dr. Matthias Fischer von der KVB berichtete, dass es „Zuschüsse von bis zu 90.000 Euro für die Niederlassung“ gebe. Damit könne man 85 Prozent des unternehmerischen Umsatzes in den ersten zwei Jahren garantiert bekommen.

Dr. Ritter ergänzte, dass die Förderung für hausärztliche Niederlassung absolut ausreichend sei. Die Investitionskosten in der Allgemeinmedizin seien verhältnismäßig gering. Vorstandsmitglied und Beauftragte für Junge Medizin, Dr. Beate Reinhardt, machte deutlich: „Ich habe es nie bereut, mich selbstständig gemacht zu haben und mein eigener Chef zu sein – die Praxis nach meinen Vorstellungen zu führen.“ Sie sei froh darüber, dass sie ihren Traumberuf mit Familie so vereinbaren könne, wie sie das wolle.

Aus dem Publikum gab es auch einige Fragen zur Bürokratie in der eigenen Praxis. Dr. Reinhardt stelle hier klar, dass die meisten ihrer Wochenenden frei seien. Stress gebe es manchmal vor der Quartalsabrechnung. Wie zeitaufwändig das sei, sei aber auch eine Frage des Praxisteams. „Letztlich teilt ihr euch diese Zeit selbst ein“, erklärte sie.

Möglichkeiten der Studierenden-Förderung

Dr. Fischer sagte, dass es durch die Förderungen eine „tolle Planbarkeit für Famulanten und Praxen“ gebe. Dr. Ritter: „Wir fördern die Studierenden auf allen Wegen durchs Studium, insbesondere im ländlichen Raum.“ Denn der Bayerische Hausärzteverband fördert sowohl Blockpraktika, in Zusammenarbeit mit der Techniker Krankenkasse Famulaturen und auch für das Praktische Jahr (PJ) gibt es Fördermöglichkeiten. Die Fördergelder müssen nicht zurückgezahlt werden.

Auch Dr. Mühldorfer erklärte, dass die Förderungen der KVB und im PJ schon etwas ausmachten. „Das ist viel wert, gerade weil man im PJ wenig verdient.“ Dr. Reinhardt, erklärte, dass der nächste Zeitraum für die Famulaturförderung ab 30. Mai wieder beginne, pro Regierungsbezirk stünden 25 Plätze zur Verfügung. Dr. Reinhardt erklärte auf Nachfrage, wann man sich bewerben solle: „Bitte bewerben Sie sich frühzeitig, gerade bei gefragten Praxen. Ein halbes Jahr vorher reicht oftmals nicht aus – noch früher ist besser.“

Weiterbildung und fachwissenschaftliche Allgemeinmedizin in Bayern stark aufgestellt

Prof. Dr. Marco Roos ist Lehrstuhlinhaber für Allgemeinmedizin an der Universität Augsburg. Die Lehrstühle für Allgemeinmedizin seien für die Forschung und die öffentliche Sichtbarkeit des Faches extrem wichtig. Die Lehrstühle zeigten, dass es allgemeinmedizinische Forschung. „Wir sind Experten in der Langzeitversorgung“, so Dr. Roos. Wenn Menschen alterten und sich ihre Krankheiten kumulierten, sei es wichtig, dass es vor Ort einen Hausarzt oder eine Hausärztin gebe, der oder die den Überblick darüber behält. Zwar werde die Digitalisierung kommen, „aber den Arzt vor Ort wird es immer geben“.

Zudem sei die Facharztausbildung generell wenig strukturiert. Die Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (KoStA) sei vor diesem Hintergrund „ein wirklicher Glücksfall“. In Bayern funktioniere die Unterstützung deutschlandweit am besten.

Dr. Claudia Dodeller von der KoStA konstatierte: „Eine unserer Hauptaufgaben ist die Beratung zu Wiedereinstieg, Quereinstieg und was man alles beachten muss. Wir beraten auch Studierende.“ Auch die Weiterbildungsverbünde in der Allgemeinmedizin gebe es – diese ermöglichten eine strukturiertere Weiterbildung, indem man sich in einer Region bewerbe, dort feste Ansprechpartner habe und die weiteren Stationen bereits vorher festgelegt werden können.

Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, Dr. Markus Beier, erklärte, dass berufspolitisches Engagement wichtig sei. „Das VERAH-Studium geht beispielsweise auf den Bayerischen Hausärzteverband zurück.“ Mit den 6.000 Mitgliedern habe man eine gemeinsame Stimme „und damit ist man stark gegenüber der Politik und den Körperschaften“. Und: „Wir als Bayerischer Hausärzteverband versuchen das System sinnvoller zu gestalten.“

Studierende über den Nachwuchstag

Der Bayerische Hausärzteverband lud anschließend alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Get-Together in den Biergarten des E-Werks ein. Dies bot Gelegenheit, mit Vorstandsmitgliedern und den Gästen der Podiumsdiskussion sowie mit praktizierenden Hausärztinnen und Hausärzten ins Gespräch zu kommen und offene Fragen zu klären. Das kam bei den Medizinstudierenden und Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung gut an!

Maximilian Ruf, 22 Jahre, und Medizinstudent an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen empfand die Fragerunde als „gut gemacht und einladend“, auch der anschließende Smalltalk im Freien sei eine tolle Möglichkeit zum Austausch gewesen. Die Medizinstudentinnen Kathrin Kotter, 23 Jahre, und Hannah Hober, 24 Jahre, ebenfalls studierend in Erlangen, fanden die Veranstaltung ebenfalls interessant. Kotter erklärte: „Ich war überrascht über all die verschiedenen Fördermöglichkeiten, die es gibt.“ Zudem meinte sie: „Man beginnt dann doch wegen einer Niederlassung zu überlegen, gerade wegen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.“ Studentin Hober zog eine ähnliche Bilanz der Veranstaltung: „Man bekommt hier gute Informationen.“ Sie regte noch weitere Angebote dieser Art an.

Ruf erklärte abschließend, dass er die Möglichkeiten der Praxisgestaltungen, die möglichen Schwerpunkte und die geschilderten Erfahrungen der bereits Niedergelassenen wichtig fand. Und: „Durch mein Blockpraktikum in diesem Bereich kann ich mir die Allgemeinmedizin als zukünftigen Arbeitsbereich jetzt auch besser vorstellen.“

 

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