Nachwuchstag des Bayerischen Hausärzteverbandes: Information und Austausch auf dem Weg in die eigene Hausarztpraxis

„Der Nachwuchstag 2019 in Regensburg war ein sensationell erfolgreicher Abend, wenn jemand da rausgegangen ist und nicht denkt ‚Allgemeinmedizin ist genau mein Ding‘, weiß ich nicht, was wir noch tun können“

Geschafft - die frisch gebackenen Medizinabsolventen der TUM feierten gebührend ihren Abschluss an einer Exzellenzuniversität.
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„Der Nachwuchstag 2019 in Regensburg war ein sensationell erfolgreicher Abend, wenn jemand da rausgegangen ist und nicht denkt ‚Allgemeinmedizin ist genau mein Ding‘, weiß ich nicht, was wir noch tun können“ – so begeistert zeigte sich Dr. Beate Reinhardt, Schriftführerin im geschäftsführenden Vorstand des Bayerischen Hausärzteverbandes, von dem Event, der am Vorabend des Bayerischen Hausärztetages stattfand. Dr. Reinhardt, die einen Schwerpunkt ihres Engagements im Bayerischen Hausärzteverband auf die Nachwuchsförderung legt, war als Referentin mit dabei gewesen.

Von den Teilnehmern gab's viel positives Feedback

Aber auch bei den rund 120 Teilnehmern, Medizinstudierende sowie Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung, kam die Veranstaltung wieder sehr gut an: „Insgesamt sehr gut gemacht und gut strukturiert“, lautet das Feedback eines Teilnehmers. Er lobt die die Vielzahl der Referenten aus unterschiedlichen Organisationen und unterschiedlichen Praxisformen. Beeindruckt hat ihn der gesellschaftliche Teil im Anschluss an die Referate und Diskussionen: „Dass sich die Referenten beim Get-Together ganz natürlich zu den Studenten gesellten und für Fragen aller Art etc. offenstanden, fand ich ganz besonders toll“, schreibt er. Einem anderen gefiel besonders, dass die Referenten „so authentisch rüberkamen“. „Sehr informativ, vor allem auch im Hinblick auf die verschiedenen Förderprogramme“, urteilt eine weitere Teilnehmerin, die zudem die Informationen über die Weiterbildung Allgemeinmedizin hervorhebt.

Der Nachwuchstag startete mit der Begrüßung durch Dr. Markus Beier, den Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes, und dem Grußwort von Christian Bredl, Leiter der Landesvertretung Bayern der Techniker Krankenkasse (TK). Die Kasse hat 2015 gemeinsam mit dem Bayerischen Hausärzteverband ein Famulatur-Förderprojekt ins Leben gerufen und fördert auch in diesem Jahr wieder Fortbildungsveranstaltungen des Bayerischen Hausärzteverbandes zum Thema Hygienemanagement.

„Hausärzte sind spezialisiert auf den Menschen, Fachärzte auf Organe“
Bredl warb vor den Medizinstudierenden für den Beruf des Hausarztes, indem er dessen Rolle als Vertrauensperson und 1. Ansprechpartner der Patienten bei gesundheitlichen Problemen würdigte, der ein enormes Spektrum an Krankheitsbildern abdecke. „Hausärzte sind spezialisiert auf den Menschen, Fachärzte auf Organe“, sagte er.

Auch für den Bayerischen Hausärzteverband fand Bredl lobende Worte: „Wir wissen um die Bedeutung des Bayerischen Hausärzteverbandes bei der Nachwuchssicherung, der Fortbildung und auch der Ausbildung Medizinischer Fachangestellter“, sagte er und nutze die Gelegenheit, dem Ehrenvorsitzenden Dr. Dieter Geis für die langjährige gute Zusammenarbeit zu danken.

Die nachfolgenden Referenten beleuchteten den Weg vom Studium über die Weiterbildung bis zur Niederlassung in der Hausarztpraxis, für die es flexible Möglichkeiten gibt. Ulrich Jung, Medizinstudent und Vertreter der Fachschaft Humanmedizin der Universität Regensburg erzählte, wie ihn das breite Spektrum in einer Hausarztpraxis schon im Blockpraktikum begeisterte: Anamnese, Ultraschall, Hausbesuche, kleine chirurgische Eingriffe, die Betreuung psychisch Kranker – an all das sei er schon unter Supervision in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Carl Rauscher, Lehrbeauftragter der Universität Regensburg, und Dr. Klaus Neumann herangeführt worden.

„Ich kann nur jedem empfehlen, in die Allgemeinmedizin hinein zu schnuppern“

Das Blockpraktikum gefiel ihm so gut, dass er zur Famulatur und später für ein Tertial im Praktischen Jahr in die Praxis von Dr. Rauscher und Dr. Klaus Neumann zurückkehrte, wobei sein Einsatzbereich weiter wuchs. So lernte er beispielsweise auch den Umgang mit Notfällen, machte Vorsorgeuntersuchungen, führte Hyposensibilisierungen durch, wertete EKGs aus, setzte Depotspritzen und legte Infusionen. Studierende haben in der Hausarztpraxis auch die Chance, erste Einblicke in die Bürokratie zu gewinnen, beispielsweise das Dokumentieren und Anträge ausfüllen. Und: „Die Zeit in der Hausarztpraxis ist eine gute Möglichkeit, Sonografie zu erlernen und zu vertiefen“, berichtete er. „In der Klinik bleibt dafür wenig Zeit“, so seine Erfahrung. Fazit von Ulrich Jung: „Ich kann nur jedem empfehlen, in die Allgemeinmedizin hinein zu schnuppern“, lautet sein Tipp an Kommilitonen.

1000 gute Gründe für PJ-Tertial in der Allgemeinmedizin

Gute Gründe für ein PJ in der Allgemeinmedizin fasste Dr. Bernhard Riedl, Facharzt für Allgemeinmedizin und Lehrkoordinator Allgemeinmedizin der TU München zusammen. „Da gibt es 1000 gute Gründe“, sagte er. Der Hauptgrund, der in seinen Augen für die Allgemeinmedizin spricht, ist aber, dass das medizinische Erleben, wie er sagte, vor allem in der Hausarztpraxis stattfindet. „Von 1000 Patienten, die Beschwerden haben, finden 250 den Weg in die Hausarztpraxis, nur einer davon kommt in der Uniklinik an“, verdeutlichte er.

Dr. Riedel wies auch auf die PJ-Förderung der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband hin, mit der Studierenden dabei unterstützt werden, im PJ Erfahrung in einer Landarztpraxis zu sammeln. „Das sind rund 60.000 Euro im Jahr, die wir als Mitglieder des Bayerischen Hausärzteverbandes für Sie aufbringen“, verdeutlichte er, wie wichtig den Hausärzten die Förderung des Nachwuchses in ihrem Bereich ist.

Wer Hausarzt werden will, muss ein toller Mensch sein“

Auf die Frage, welche Eigenschaften ein guter zukünftiger Hausarzt mitbringen muss, waren sich Dr- Riedl und Ulrich Jung einig, dass das nicht ein NC-Abschluss ist. „Der NC ist bei mir mit einem Trauma belastet“, meinte Jung, der erst nach sieben Jahren Wartezeit einen Studienplatz bekam. Die Zeit hatte er genutzt, um eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger zu absolvieren und in dem Beruf auch noch ein paar Jahre Erfahrung zu sammeln. „Der NC ist für mich nicht aussagekräftig“, meinte er. „Viele, die den NC nicht geschafft haben, wären trotzdem gute Ärzte“, ist er überzeugt. Er plädiert für andere Auswahlkriterien, zum Beispiel praktische Erfahrung in Form von Praktika. Dr. Riedel stellte Empathie und soziale Kompetenz als Voraussetzung für den Hausarztberuf in den Vordergrund – „Wer Hausarzt werden will, muss ein toller Mensch sein“, fasste er mit einem Augenzwinkern zusammen.

Das Thema Weiterbildung eröffneten Dr. Dagmar Schneider, Leiterin der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (KoStA), und Dr. Annette Luther, selbst Ärztin in Weiterbildung, die sich im Zusammenschluss „Junge Allgemeinmedizin Bayerns“ (JA-Bay) engagiert. 

Neue Weiterbildungsordnung seit 1. Mai

Dr. Schneider stellte die neue Weiterbildungsordnung Allgemeinmedizin vor, die zum 1. Mai 2019 in Kraft getreten und auf der Website der Bayerischen Landesärztekammer einzusehen ist. Sie gilt für alle, die nach In-Kraft-Treten ihre Weiterbildung Allgemeinmedizin beginnen. Wer bereits zuvor seine Weiterbildung Allgemeinmedizin begonnen hat, kann wählen, ob er nach den Vorgaben der alten oder neuen Weiterbildungsordnung seine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolviert, erläuterte Dr. Schneider.


Dr. Luther legte den Nachwuchsmedizinern ans Herz, Chancen zur Vernetzung zu nutzen, „vor allem, wenn man auf dem Land seine Weiterbildung macht“. Da sei es wichtig, mit Kollegen in ähnlicher Situation in Kontakt zu kommen beziehungsweise zu bleiben. Fortbildungen, Qualitätszirkel und Tage der Allgemeinmedizin nannte sie als gute Möglichkeiten, fachlich weiter zu kommen und gleichzeitig Kontakte zu pflegen. Vernetzen ist auch eines der Hauptanliegen der JaBay, in der sich Dr. Luther engagiert. „Es gibt viele lokale Stammtische, aktuelle Termine und Foren werden auf der facebook-Seite der JaBay und auf der Website der Jungen Allgemeinmedizizin Deutschland (JADE) Veröffentlicht“, berichtete sie (nächster Ja-Bay-Stammtisch in München: 5. Juni ab 19:30 Uhr im Restaurant „Gast“, Rosenheimer Str. 5 in München). Da gebe es zum Beispiel auch Skype-Gruppen zur gemeinsamen Vorbereitung auf die Facharztprüfung Allgemeinmedizin.

Zum KWAB war's ein langer Weg

Zum Nachwuchstag nach Regensburg war auch Dr. Marco Roos gekommen. Er leitet das Kompetenzzetrum Weiterbildung Allgemeinmedizin Bayern (KWAB), das 2017 gegründet wurde und zu dessen Trägern neben KV Bayerns, Bayerische Landesärztekammer, die Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin, das Allgemeinmedizinisches Institut des Universitätsklinikums Erlangen, das Institut für Allgemeinmedizin an der Technischen Universität München, das Institut für Allgemeinmedizin an der Ludwig-Maximilians Universität München der Bayerischer Hausärzteverband gehört.

Dr. Roos berichtete kurz über den langen Weg zum KWAB und deren Aufgaben. Neu ist ein Mentoring-Programm für Ärzte in Weiterbildung Allgemeinmedizin. Bereits im vergangenen Jahr begann das KWAB mit seinem Train-the-Trainer-Programm, um Weiterbilder zu schulen und so die Weiterbildung in den Praxen zu verbessern. 

Weiterbildungsverbünde ebnen Weg zum Facharzt für Allgemeinmedizin
Die Weiterbildung Allgemeinmedizin kann man sich individuell zusammenstellen und selbst organisieren – oder man absolviert die Weiterbildung in einem Weiterbildungsverbund. 84 solcher Weiterbildungsverbunde gibt es in Bayern inzwischen, berichtete Dr. Schneider. Informationen zu den Verbünden bietet die Website der KoStA Dort kann man sich zu den einzelnen Verbünden auch telefonisch informieren und beraten lassen – eine Chance, die angehende Allgemeinmediziner nutzen sollten, empfahl Dr. Schneider.

Einer der 84 Weiterbildungsverbünde ist der Weiterbildungsverbund Nord-Oberpfalz, den Dr. Peter Deinlein, stellvertretender Bezirksvorsitzender Oberpfalz des Bayerischen Hausärzteverbandes, gemeinsam mit Dr. Laura Stich, die ihre Weiterbildung Allgemeinmedizin dort absolviert, vorstellte.

Weiterbildung in ländlichen Krankenhaus: "jeden Tag Neues gelernt"
Dr. Stich hat den Abschnitt Innere Medizin ihrer Weiterbildung im Krankenhaus Tirschenreuth absolviert. Den Schritt, in ein ländliches Krankenhaus zu gehen, hat sie nicht bereut: „Ich habe viel mitgenommen“, resümiert sie. „Es war nie langweilig, ich habe jeden Tag Neues gelernt.“ Mit dem klinischen Teil der Weiterbildung zu beginnen, hält Dr. Deinlein für einen guten Weg. „Das Basiswissen erwirbt man in der Klinik und in der Hausarztpraxis, der Feinschliff kommt dann in den Facharztpraxen, beispielsweise in der Kinderarztpraxis“.

Wie es nach der Facharztprüfung Allgemeinmedizin weitergehen kann, beleuchtete der nächste Programmpunkt. Hausarztpraxis in der Stadt oder auf dem Land – wo die Unterschiede liegen und welche Möglichkeiten es gibt, hausärztlich tätig zu werden, war der Part von Dr. Wolfgang Ritter, Hausarzt in einer großen Münchner Gemeinschaftspraxis, und Dr. Christian Pfeiffer, der in einer Gemeinschaftspraxis im ländlichen Giebelstadt bei Würzburg praktiziert.

Angestellt fit werden für die eigene Praxis

Dass der Weg in die eigene Praxis sehr gut und familienfreundlich über eine Teilzeit-Anstellung führen kann, verdeutlichten zwei Hausärztinnen: Dr. Birgit Münster hatte nach ihrer Facharztprüfung vier Jahre in einer Gemeinschaftspraxis bei Dr. Beate Reinhardt gearbeitet, die gerade in der flexiblen Arbeitsgestaltung den großen Vorteil einer Karriere als Hausärztin in einer Gemeinschaftspraxis sieht: „Bei uns arbeitet jeder so, wie er es braucht. Birgit hatte kleine Kinder und konnte vormittags und abends am besten arbeiten. Damit haben wir uns gut ergänzt“, erinnert sie sich. Für Dr. Münster war die Anstellung bei Dr. Reinhardt eine gute Vorbereitung für ihre Niederlassung in eigener Praxis. Sie habe sich gut in alles einarbeiten können, beschreibt sie ihren Weg.

Hausarzt werden wird gefördert

Vom Studium über die Weiterbildung bis hin zur Niederlassung können spätere Hausärzte auf eine Reihe von Fördermaßnahmen zurückgreifen. Wie der Freistaat Bayern (angehenden) Hausärzten unter die Arme greift, schilderte Dr. Stefanie Spieckenbaum vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Dazu gehört ein Stipendienprogramm für Medizinstudierende ab dem klinischen Studienabschnitt, die später im ländlichen Raum arbeiten wollen. Benjamin Haugg, Arzt in Weiterbildung, hat dieses Programm genutzt und berichtete über seine Erfahrungen damit. Positiv bewertete er auch das Stipendiatenseminar, zu dem die geförderten Medizinstudierenden einmal im Jahr eingeladen werden: „Dort lernt man Kommilitonen aus ganz Bayern kennen“.

(Künftige) Hausärzte können neben den staatlichen Förderprogrammen noch weitere nutzen, beispielsweise der KV. Auch die Stiftung Bayerischer Hausärzteverband unterstützt Medizinstudierende mit Förderprogrammen in der Famulatur und im PJ. Einen Überblick bietet ein Flyer, der auf der Homepage des Bayerischen Hausärzteverbandes zum Download bereit steht.

Den Ausklang des Nachwuchstags in Regensburg bildete wie gewohnt ein Get-Together in lockerer Atmosphäre, bei dem für das leibliche Wohl gesorgt war – insgesamt ein gelungener Auftakt für den Bayerischen Hausärztetag 2019, der Tags darauf seine Tore öffnete.

Fazit: Unbedingt an anderen Unis wiederholen!

Dass der Nachwuchstag seine Wirkung nicht verfehlte, zeigt ein Blick in die Feedbackbögen, die 45 Teilnehmer ausgefüllt und abgegeben hatten. Immerhin 12 gaben an, noch unentschlossen gewesen zu sein bezüglich der Fachrichtung, in die sie später gehen wollen, sich aber nach dem Nachwuchstag sehr gut vorstellen zu können, Hausärztin beziehungsweise Hausarzt zu werden. Weitere 14 waren bereits entschlossen, in die Allgemeinmedizin zu gehen. Zum Mitnahmeeffekt der Veranstaltung gaben viele an, erstmals von der Möglichkeit der Verbundweiterbildung gehört zu haben, gelobt wurden auch mehrfach die Infos zur Weiterbildung allgemein, zu Fördermöglichkeiten und zu Verbänden wie der JADE und dem dem Bayerischen Hausärzteverband. Auf die Frage, wie ihnen das Konzept des Nachwuchstags gefallen hat, kreuzten ausnahmslos alle an: Gut, unbedingt an anderen Unis wiederholen - würde ich auch weitersagen! 

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