"Ich würde jedem Medizinstudenten empfehlen, seine Hausarztfamulatur im ländlichen Raum zu absolvieren"

"Die Versorgung der Patienten ist oft umfassender und ganzheitlicher, zudem sieht man als Student ein größeres Spektrum an Krankheitsbildern, da der Weg zum Spezialisten oft weit ist". Joannes Wischmann ist für seine Hausarztfamulatur von München auf's Land gezogen und hat hier eine ganz besondere Art der Ausbildung kennen lernen dürfen. Unterstützt durch das gemeinsame Famulaturförderprojket der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband und der Techniker Krankenkasse, lernte er in der Hausarztpraxis von Dr. Anton Wartner in Arnstorf wie anspruchsvoll die Arbeit als Hausarzt ist und erklärt in seinem Famulaturbericht, was seine Betreuung so einizgartig gemacht hat:

Medizinstudent Joahannes Wischmann behnadelt einen Patient unter der Aufsicht von Dr. Anton Wartner
Medizinstudent Joahannes Wischmann
behandelt einen Patient unter der Aufsicht
von Dr. Anton Wartner.

1. Motivation für Bewerbung Famulatur auf dem Land

Die Entscheidung zur Bewerbung für eine Hausarztfamulatur auf dem Land traf ich aus zwei Gründen. Zum einen hörte ich von Kommilitonen, welche bereits ihre Hausarztfamulatur in einem ländlichen Bereich absolviert hatten, viel Positives, insbesondere über die Lehre und Betreuung in einer Landarztpraxis. Zum anderen hatte ich den Eindruck, auch durch das Absolvieren des Blockpraktikums der Allgemeinmedizin in einer innerstädtischen Praxis, dass die Versorgung der Patienten in ländlichen Gegenden intensiver und ganzheitlicher stattfindet, als dies in einer städtischen Praxis der Fall ist.

2. Tätigkeitsbeschreibung und fachliche Eindrücke

In der Praxis von Dr. med. Anton Wartner durfte ich die Anamnese und die Untersuchung von Patienten selbstständig durchführen (auch zu komplexen psychosozialen Problemstellungen). Außerdem durfte ich eigene Therapievorschläge und -empfehlungen vorstellen. Zu meinem Aufgabengebiet gehörten einfache Wundversorgung, Verbandswechsel, sowie selbstständiger Ultraschall. Oft bekam ich zudem die tolle Möglichkeit, dass Dr. Wartner mich eigene Patienten, inklusive Dokumentierung im EDV, komplett selbst betreuen ließ, sich im Hintergrund hielt und während der Behandlung lediglich unterstützend eingriff. Anschließend wurden die Patienten gemeinsam besprochen und überlegt, wo meinerseits bei Anamnese etc. noch Verbesserungsbedarf bestand. Um den Patienten eine optimale Beratung geben zu können, haben wir gemeinsam aktuelle Publikationen und kürzlich aktualisierte Leitlinie, bspw. der DEGAM, zu Rate gezogen. Außerdem begleitete ich Dr. Wartner mehrmals täglich bei seinen Haus- und Pflegeheim-Besuchen. Aufgrund der Qualifikationen von Dr. Wartner im Bereich der Suchtmedizin wird in der Praxis auch die substitutionsgestützte Therapie von Drogenabhängigkeit angeboten. Das war neu für mich und ein hochspannendes und komplexes Tätigkeitsfeld. Ein Highlight in der letzten Woche der Famulatur war die Veranstaltung „Selbsthilfe trifft Psychotherapie“ der KVB in München, zu der ich Dr. Wwartner begleiten durfte. Außerdem nahm ich am Bereitschaftsdienst in der Bereitschaftspraxis im Krankenhaus Eggenfelden teil.

3. Betreuung vor Ort

Insgesamt profitierte ich sehr von der engen Betreuung durch Dr. Wartner. Besonders die Möglichkeit der beinahe komplett selbstständigen Betreuung eigener Patienten, verknüpfte exzellente Lehre sowie Spaß am Patientenkontakt und der Behandlung. Während ich auf der einen Seite das Vertrauen des Arztes, mir „eigene“ Patienten anzuvertrauen, als große Wertschätzung empfand, hatte ich auf der anderen Seite stets die Sicherheit durch Dr. Wartner im Hintergrund. Dadurch hatte ich besonders bei der psychosozialen Anamnese großen Spielraum zur Verfügung und gleichzeitig die Gewissheit, dass mir jederzeit jemand helfen kann, sollte ich überfordert sein. Meine Einwände und Fragen zu Therapievorschlägen wurden ernstgenommen und berücksichtigt, was für mich als Famulant wichtig und motivierend war und mir gleichzeitig gezeigt hat, dass ich zum Praxisteam dazugehöre.

4. Unterkunft

Ich bekam kostenlos eine sehr schöne und geräumige Wohnung direkt über der Praxis zur Verfügung gestellt.

5. Land und Leute

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass der Arzt in einer ländlichen Gegend als Institution einen anderen Stellenwert hat, als dies eventuell bei einer städtischen Praxis der Fall wäre. Auch erfuhr ich den Arzt-Patienten-Kontakt als deutlich intensiver, was zum einen an regelmäßigen Hausbesuchen der Patienten lag, sowie daran, dass wir für die einzelnen Patientengespräche deutlich mehr Zeit zur Verfügung hatten. Ich hatte zudem den Eindruck, dass die Konsultation eines Spezialisten oft mit einem höheren Aufwand verbunden ist, als dies in der Stadt der Fall wäre. Dies führt dazu, dass die Behandlung der Patienten in einer ländlicheren Gegend oft länger in den Händen des Hausarztes liegt, was in einer besonderen Wertschätzung der Patienten ihrem Arzt gegenüber resultieren konnte. Die Gegend um Arnstorf herum hat zudem einen hohen Freizeitwert für Naturliebhaber. So war ich zum Joggen in fünf Minuten im Wald und die Ruhe und Abgeschiedenheit trugen zur Erholung nach den anstrengenden Tagen in der Praxis bei. Nichtsdestotrotz muss man sich an die Verkehrsverbindungen zwischen Arnstorf, Eggenfelden und München erstmal gewöhnen, wenn man in München lebt. Insbesondere an Feiertagen und am Wochenende kommt man ohne eigenes Auto nicht weit. Auch an die „niederbayerische Mentalität“ konnte ich mich schnell gewöhnen und die Dankbarkeit und Wertschätzung, welche einem insbesondere während den Hausbesuchen entgegen gebracht wurde, ist als Famulant sehr motivierend und belohnend.

6. Fazit

Ich würde jedem Medizinstudenten empfehlen, seine Hausarztfamulatur im ländlichen Bereich zu absolvieren. Die Versorgung der Patienten ist oft umfassender und ganzheitlicher, zudem sieht man als Student ein größeres Spektrum an Krankheitsbildern, da der Weg zum Spezialisten oft weit ist. Dadurch erhält man einerseits eine hervorragenden Lehre über rein fachliche Dinge und andererseits besteht die Möglichkeit viel über die Arzt-Patientenbeziehung und die Patienten-Kommunikation zu lernen und daran zu wachsen. Selbst wenn man seinen beruflichen Werdegang nicht in der Allgemeinmedizin sieht, bietet sich einem durch das Absolvieren der Hausarztfamulatur in einer ländlichen Gegend die Chance noch über die Famulatur hinaus davon zu profitieren.

Johannes Wischmann

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