PJ-Tertial im fränkischen Absberg: „Ich habe mich in der Region sehr wohl gefühlt und komme gern wieder in die Gegend“

PJ-Studentin Dayana Walter
PJ-Studentin Linda-Maria Lange
fühlte sich sichtlich wohl in
Absberg.

Angehenden Medizinern die Möglichkeit zu geben, die hausärztliche Tätigkeit auf dem Land und die jeweilige Region kennenzulernen in der Hoffnung auf einen „Klebeeffekt“ – darauf zielen die Förderprojekte der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband ab. Dass dieses Konzept aufgeht, zeigt einmal mehr das Beispiel der Medizinstudentin Linda-Maria Lange, die ein Tertial ihres Praktischen Jahrs in der Hausarztpraxis von Dr. Ute Schaaf in Absberg bei Nürnberg absolvierte. Dr. Schaaf brachte der PJ-Studentin nicht nur die Hausarztmedizin näher, sondern auch die Vorzüge der Region – mit Erfolg, wie Linda-Maria Langes Bericht über ihre Zeit bei Dr. Schaaf zeigt:

Über 20 Jahre verbrachte ich im Großraum Nürnberg, wo ich aufwuchs, machte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Physiotherapeutin und arbeitete anschließend im Klinikum Fürth. Dort wuchs mein Interesse an der Medizin weiter und so entschied ich mich noch zum Medizinstudium.

Die Allgemeinmedizin hat mich schon immer interessiert, da man viele verschiedene Krankheitsbilder und Menschen behandelt und erster Ansprechpartner in vielen Gesundheits- und anderen Fragen der Patienten ist. Frau Dr. Ute Schaaf lernte ich während meiner Hausarzt-Famulatur 2019 bei Dr. Marc Metzmacher in Gunzenhausen kennen. Zu dieser Zeit gab es im Rahmen der Ferienakademie Altmühlfranken ein Treffen aller Studenten mit den Hausärzten der Region. Das breite Behandlungsspektrum in der Praxis von Frau Dr. Schaaf und die schöne Lage am Brombachsee brachten mich dann für mein PJ-Wahltertial Ende Juni 2021 nach Absberg.

Zur Praxis:

Das Team bestand aus Dr. Ute Schaaf, drei (Assistenz-) Ärztinnen in Teilzeit und einem Hausarzt im Ruhestand, der immer wieder aushilft, tatkräftig unterstützt von zwei in Vollzeit arbeitenden Medizinischen Fachangestellten, drei Teilzeitkräften sowie einer Auszubildenden.

Morgens ab 7.30 Uhr kamen die ersten Patienten zu Blutabnahmen oder zu Gesprächsterminen. Nach dem Prinzip „gezeigt bekommen, unter Anleitung durchführen und dann selbstständig unter Überwachung durchführen“ lernte ich Impfen und verschiedene Injektionstechniken, Ultraschall sowie die Feinheiten der Gesprächsführung und körperlichen Untersuchung, zum Beispiel im Rahmen des 35+ -Check – Up. Bei jedem Patienten erhielt ich Rückmeldung und gab die Untersuchungs- und Dokumentationsergebnisse sowie meine Vorschläge für das weitere Procedere an die jeweils ärztlichen Behandler weiter. Mehrmals durfte ich auch bei Patientengesprächen in Krisensituationen dabei sein.

Des Weiteren unterstützte ich bei Blutabnahmen, bei den Lungenfunktions- und EKG-Untersuchungen, Ohrspülungen, Wundverbänden und untersuchte Diabetiker und kardiologische Patienten. Auch bei kleinen chirurgischen Eingriffen assistierte ich und durfte diese unter Aufsicht versorgen und zunähen.
Immer wieder begleitete ich Frau Dr. Schaaf oder eine der Assistenzärztinnen in die Wohngruppen der Regens-Wagner-Stiftung, einer Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung, oder zu Hausbesuchen bei akuten Beschwerdebildern.

Im September war in Frau Dr. Schaafs Praxis noch eine Famulantin aus Würzburg. Wir untersuchten gemeinsam Patienten, befundeten Labore und tauschten uns bei der Dokumentation über die jeweiligen Ergebnisse aus. Im Haus der Praxis konnte ich ein Zimmer sowie Küche und Bad mitbenutzen.

Zur Region:

PJ-Studentin Dayana Walter
Landschaftliche Idylle rund um
Absberg

Im Ort Absberg gibt es einen kleinen Dorfladen, der die wichtigsten Nahrungsmittel und nötigen Alltagsutensilien zur Verfügung stellt. Auch bietet der Müßighof – eine Einrichtung der nahegelegenen Regens-Wagner-Stiftung- mit eigenem Laden und Restaurant eine große Auswahl an Lebensmitteln und regionalen Produktion. Besonders die selbstgemachten Kuchen und Torten sind sehr zu empfehlen. Die Landschaft und der See bieten viele Freizeitmöglichkeiten und ich genoss es sehr, am Wochenende einige Ausflüge und Unternehmungen in der Region machen zu können. Sehr gerne fuhr ich  mit Frau Dr. Schaafs E-Bike, das sie mir zur Verfügung stellte, um den Brombach- oder Igelsbachsee zu erkunden. Vom Brombachsee ist es nicht weit nach Gunzenhausen und zum Altmühlsee, wo man die unter Naturschutz stehende Vogelinsel besuchen kann. An warmen, schönen Abenden lohnt sich eine Dinkelpizza im Enderndorfer Restaurant direkt am Wasser mit Sonnenuntergang und Live-Musik. Auf der nahe gelegenen Badehalbinsel gibt es eine Wakeboard-Anlage für Sportliche und Möglichkeiten zu Tauch- und Stand-up-Paddling-Kursen auf den Seen.

Kulturelle Highlights:

PJ-Studentin Dayana Walter
Linda-Maria Lange bei einem
"Schäferwagen-Gottesdienst".

Zusammen mit Frau Dr. Schaaf machte ich im Juli einen Ausflug zu einer musikalischen Stadtführung in die kleine Nachbarstadt Spalt. Mit fränkischen Traditionsliedern und Instrumenten zogen wir durch die verwinkelten Gässchen und an alten Häusern und der Stadtmauer entlang. Spalt ist auch wegen seines Bieres bekannt, weshalb man in der Gegend viel Hopfenanbau sieht. Auch sollte man das Heimat- und Brauereimuseum sowie die Gaststätte „Frische Quelle“ mit fränkischen Spezialitäten (auf einem Berg mit wunderschönem Blick über Felder und der Stadt Spalt) besuchen.

Nur eine halbe Autostunde Fahrt entfernt kann man die Städte Treuchtlingen sowie Weißenburg besuchen und findet historische Sehenswürdigkeiten. Besonders die Römertherme und -stadt in Weißenburg sowie der Wettelsbacher Keller in Treuchtlingen mit wunderschönem Blick ins Tal sind sehenswert.
An den Sonntagen gab es während meines Aufenthaltes regelmäßig sogenannte Schäferwagen-Gottesdienste, die unter freiem Himmel am Brombach- oder Altmühlsee stattfanden. Der vom Dekanat eingesetzte Urlaubsseelsorger gestaltete die Gottesdienste zusammen mit verschiedenen Posaunenchören der Region. Wir saßen auf Biergarten-Bänken oder Decken auf dem Boden und sangen gemeinsam Lieder und beteten miteinander.

Ein unvergessliches Erlebnis war der Besuch des Unterschwaninger Schlosses mit Frau Dr. Schaaf, wo wir das Theaterstück Hamlet in Originalsprache als Freilichttheater-Aufführung der British Drama Group besuchten. Bei trockenem Sommerwetter saßen wir im Schlossinnenhof und lauschten gespannt der tragischen Geschichte von Prinz Hamlet.

An jedem Wochenende war etwas kulturell, historisch oder kulinarisch geboten, so dass es mir gar nicht möglich war, alle Veranstaltungen zu besuchen.

Freizeitmöglichkeiten

PJ-Studentin Dayana Walter
Kulturelles Highlight:
Hamlet-Aufführung am
Unterschwaninger Schloss

Drei Freunde besuchten mich an zwei Wochenenden und wir erkundeten unter anderem den Barfuß-Erlebnispfad in Enderndorf. Dort gibt es feste Stationen, an denen man sich mit allen Sinnen den Füßen widmet und neben Wassertreten oder Moorbad auch den eigenen Namen in den Sand schreibt und über Glasscherben (natürlich abgerundet) laufen kann. Der ebenfalls vorhandene Abenteuer-Kletterwald mit einer Fahrt über den See hoch in der Luft ist für kleine und große Kinder ein Erlebnis. Einen gemütlichen Nachmittag verbrachten wir bei Regen im Gruschdl-Cafe in Fünfbronn bei Spalt. Die Inhaberin gestaltet selbst sehr individuell und mit liebevoller Handarbeit das kleine Cafe mit schönem Innenhof sowie selbstgebackenen Torten und Kuchen.
Mit anderen Medizinstudenten, die in der Region waren, besuchte ich das nahegelegene Mais-Labyrinth. Dieses wird jedes Jahr von einer Familie aus Absberg gestaltet. Es ist möglich auf verschiedenen gemähten Wegen durch die Pflanzen zu gehen und an verschiedenen Stationen Quizfragen zu beantworten. Wenn man jede Station gefunden hat, kann man mit etwas Glück auch etwas gewinnen 😊

Fazit:

Für mein Allgemeinmedizin-Wahltertial in Absberg und alles, was ich während dieser Zeit lernen konnte, bin ich sehr dankbar, vor allem für die Hilfsbereitschaft und das mir entgegengebrachte Willkommensein des Teams sowie der Patienten. Ich habe mich in der Region sehr wohl gefühlt und komme gern wieder in die Gegend.

Diverse Vorurteile, es gäbe zu wenig kulturelle Angebote und auf dem Land sei es langweilig, treffen nicht zu. Langweilig wird es nicht, wenn man Natur und Bewegung liebt und ein vielseitig interessierter Mensch ist. Für mich hat das Leben auf dem Land eine höhere Lebensqualität und die Vorteile (mehr Ruhe, Natur, Tiere, bessere Luft) überwiegen für mich die Nachteile (schlechtere Verbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, weshalb sich ein eigenes Auto lohnt). Die Arbeit als Hausarzt ist vielseitig, und wenn man den persönlichen Patientenkontakt schätzt und sich für vielfältige Aufgaben interessiert, ist die Allgemeinmedizin in einer Landarztpraxis eine gute Wahl.

Fotos: Linda-Maria Lange

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