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„Der Bayerische Hausärzteverband muss der Feminisierung in der Medizin Rechnung tragen“

Barbara Stamm beim Nikolausempfang des Bayerischen Hausärzteverbandes 2017
Dr. Margit Kollmer
Foto: Fotodesign Märzinger
 

Mit Dr. Margit Kollmer wurde erstmals eine Frau zur Bezirksvorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbandes in Niederbayern gewählt. Mehr Hausärztinnen für die Berufspolitik zu begeistern und Möglichkeiten zu schaffen, sich auch als Mutter im Berufsverband zu engagieren, ist eines ihrer Anliegen, erklärt sie im Interview. Darin geht sie auch auf weitere Ziele ein, die sie sich in ihrem neuen Amt vorgenommen hat, und beschreibt, was sie antreibt.

Sie haben sich bereits als Bezirksdelegierte für Hausärztinnen und Hausärzte engagiert, als Bezirksvorsitzende übernehmen Sie eine neue Aufgaben und mehr Verantwortung. Was hat für Sie den Ausschlag für dieses intensiveres Engagement im Verband gegeben?

Dr. Margit Kollmer: Es hat mir gut gefallen, wie ich den Bayerischen Hausärzteverband in den letzten Monaten und Jahren erlebt habe. Da ist unser Berufsverband stark und geschlossen aufgetreten, der Vorstand hat Team- und Kampfgeist versprüht und gezeigt, dass man viel erreichen kann, wenn man seine Ziele konstruktiv und beharrlich verfolgt. Das hat mich beeindruckt, auf diese Weise möchte ich auch politisch arbeiten und meinen Teil beitragen.

Sie sind Mitglied Forum Hausärztinnen des Deutschen Hausärzteverbands und die erste Frau an der Spitze des Bezirks Niederbayern im Bayerischen Hausärzteverband – hat man als Ärztin einen anderen Blickwinkel auf die Berufspolitik?

Dr. Kollmer: Ich denke schon, als Frau hat man zum Beispiel die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ganz anders im Blick, das ist nicht nur bei Ärztinnen so. Zwei Drittel der Care-Arbeit in unserer Gesellschaft wird von Frauen gestemmt. Als Mentorin bei der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (KoStA) habe ich etliche Gespräche mit jungen Ärztinnen geführt und weiß, dass viele glauben, eine Tätigkeit im Angestelltenverhältnis lässt sich mit dem Familienleben besser vereinbaren. Aber das geht auch als Selbstständige sehr gut, und das möchte ich vermitteln. Ich persönlich schätze besonders die freie Zeiteinteilung und Gestaltungsmöglichkeit der Sprechstunde, die ich als selbstständige Hausärztin habe.

Auch in einer Einzelpraxis?

Dr. Kollmer: Ja natürlich. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es auch in einer Einzelpraxis möglich ist, mal zu Hause beim kranken Kind zu bleiben oder einen wichtigen Termin wahrzunehmen. Dazu braucht man ein eingespieltes Praxisteam und muss gut vernetzt sein mit den Kolleginnen und Kollegen im Umkreis, sodass man sich in solchen Fällen bezüglich Vertretung absprechen kann. Aber gerade wir Frauen haben eine ausgeprägte Fähigkeit zum Netzwerken und Organisieren, auf die wir zurückgreifen können, und damit klappt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch als selbstständige Hausärztin.

Zu meinem anderen Blickwinkel als Frau auf die Berufspolitik gehört auch, mich dafür einzusetzen, dass es für Hausärztinnen genauso möglich sein muss, berufspolitisch aktiv zu werden wie für männliche Kollegen. Im Forum Hausärztinnen hieß es in Bezug auf berufspolitisches Engagement gerne: „erst sind die Kinder zu klein, dann ist die Praxis zu groß“, das müssen wir durchbrechen.

Was ist dazu aus Ihrer Sicht nötig?

Dr. Kollmer: Das sind oft ganz einfache Dinge. Wir müssen zum Beispiel versuchen, berufspolitische Termine, wo immer es geht, als Hybridveranstaltung anzubieten, damit man sich von zu Hause aus einklinken kann, wenn kein Babysitter greifbar ist. Ich weiß, der persönliche Kontakt ist wichtig und nicht alles geht über Videoschalten, aber vieles eben schon. Und wir sollten bei wichtigen Sitzungen den Müttern ermöglichen, das Baby auch mal mitzunehmen, wir machen das ja im Bayerischen Hausärzteverband schon beispielsweise bei Delegiertenversammlungen. Sehr gut fand ich auch das Angebot einer Kinderbetreuung über den Verband an zurückliegenden Bayerischen Hausärztetagen. Das sind alles Wege, um jungen Hausärztinnen und natürlich auch Hausärzten mit Nachwuchs ein berufspolitisches Engagement zu ermöglichen. Ich finde es wichtig, dass der Bayerische Hausärzteverband der Feminisierung in der Medizin Rechnung trägt. Wir müssen Sorgen und Bedürfnisse von Hausärztinnen ernst nehmen. Mentoring, Beratung und Austausch sind wichtig, und wir brauchen weibliche Rollenvorbilder.

Wo sehen Sie weitere Themenschwerpunkte im Bezirk Niederbayern?

Dr. Kollmer: Ganz oben auf der Themenliste steht für mich, die hausärztliche Versorgung in Niederbayern zu sichern und genügend Nachwuchs zu gewinnen. Da ist der geplante Campus Niederbayern, der an die Universität Regensburg angebunden werden soll, ein wichtiger Mosaikstein. Aber der Medizin-Campus Niederbayern braucht auch einen Lehrstuhl für Allgemeinmedizin, der derzeit nicht vorgesehen ist. Dafür müssen wir uns als Bayerischer Hausärzteverband stark machen.

Dann finde ich KVB-Eigeneinrichtungen eine gute Lösung als eine Art „Fahrschulpraxis“, um junge Ärztinnen und Ärzte mit der ambulanten Versorgung vertraut zu machen, aber auch, um Möglichkeiten für familienbedingte Teilzeittätigkeiten zu schaffen. Ich kenne Beispiele von Müttern, die gerne 15 oder 20 Stunden pro Woche als Ärztin arbeiten würden, aber in Wohnortnähe kein passendes Konzept finden können. Da sitzen dann hoch qualifizierte Ärztinnen zu Hause, wechseln Windeln und kochen Marmelade, das kann’s doch nicht sein. Wer will, muss auch tätig werden können - das ist mir eine Herzensangelegenheit.

Ein weiteres wichtiges Thema ist für mich die HZV. Hier müssen wir noch viel Überzeugungsarbeit leisten, das ist mir persönlich ein Anliegen. Ich möchte auch für mehr Wertschätzung der MFA einsetzen. Denn Hausarztmedizin, gerade in der Hausarztzentrierten Versorgung, ist Teamarbeit. Im Team geht alles besser, das gilt für die Berufspolitik und natürlich auch für eine erfolgreiche Hausarztpraxis.

Und dann gibt es noch diverse kleinere Projekte, die ich angehen möchte.

Zum Beispiel?

Dr. Kollmer: Wir haben hier in Niederbayern ein Pilotprojekt „Telenotarzt“. Dabei wird der Rettungsdienst mit digitalen Tools ausgestattet und kann im Notfall Kontakt zum Notarzt aufnehmen und ihm Befunde schicken. Der kann dann die Notfallsanitäter unterstützen und anleiten, ohne selbst vor Ort sein zu müssen. Sowohl teilnehmende Notfallmediziner als auch Notfallsanitäter werden dafür entsprechend geschult. Dieses Pilotprojekt möchte ich von Seiten des Verbands begleiten, denn ich halte es für wichtig, Strukturen gegebenenfalls anzupassen, um die Versorgung zu verbessern. Und gerade in Regionen, die mit Notfallmedizinern unterbesetzt sind, könnte dieses Modell Unterstützung bieten.

Außerdem möchte ich einige Kolleginnen und Kollegen für die Qualitätszirkel-Arbeit gewinnen. In Niederbayern könnten wir den einen oder anderen zusätzlichen Qualitätszirkel gebrauchen, zum Beispiel im Raum Landshut.

Das hört sich alles nach einem guten Stück Arbeit an. Was motiviert Sie, treibt Sie an?

Dr. Kollmer: Ich will in erster Linie meine Leidenschaft für die Allgemeinmedizin weitergeben. Hausärztin in der eigenen Praxis zu sein mit einem engagierten Praxisteam, das ist für mich ein vielseitiger, abwechslungsreicher und befriedigender Beruf. Dass das so bleibt, dazu möchte ich meinen Beitrag leisten.

 

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Dr. Wolfgang Ritter

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Landesvorsitzender
Dr. Petra Reis Berkowicz

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1. stellv. Vorsitzende
Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Beate Reinhardt

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2. stellv. Vorsitzende
Maria Stich

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Dr. Stefan Semmler

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