„Mehr Kolleginnen und Kollegen für die Verbandsarbeit mobilisieren“

 
Dr. Markus Beier
Dr. Marc Metzmacher, 
Bezirksvorsitzender
Mittelfranken

Der Zusammenhalt unter Hausärztinnen und Hausärzten, aber auch die gute Zusammenarbeit mit Gebietsmedizinern sind Dr. Marc Metzmacher eine Herzensangelegenheit. Ganz wichtig ist dem neuen Bezirksvorsitzenden Mittelfranken des Bayerischen Hausärzteverbandes auch, dass der Beruf des Hausarztes so in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, wie er ist, als unabhängige und medizinisch extrem breit aufgestellte Institution zur Beratung der Patienten bei allen medizinischen Belangen. Im Interview spricht er über diese und weitere aktuelle berufspolitische Themen.

Herr Dr. Metzmacher, Sie waren in den vergangenen vier Jahren bereits als stellvertretender Bezirksvorsitzender im Bayerischen Hausärzteverband aktiv und engagieren auch in verschiedenen Arbeitsgruppen sowie im Landesvorstand. Was treibt Sie an?

Dr. Metzmacher: Ich denke, dass wir die Rahmenbedingungen für unsere Praxen nur gut gestalten können, wenn sich Leute engagieren. Und mir macht das Spaß, vor allem, wenn man sieht, was man erreichen kann.

Ist die Situation denn schlecht?

Dr. Metzmacher: Nein, gar nicht, aber sie wäre nicht so gut, wenn es nicht Kolleginnen und Kollegen gäbe, die sich für unsere Interessen einsetzen. Deshalb steht auch ganz oben auf meiner Prioritätenliste, noch mehr Kolleginnen und Kollegen gerade in den Metropolregionen für den Bayerischen Hausärzteverband zu mobilisieren.

Haben Hausärztinnen und Hausärzte in größeren Städten andere Erwartungen an ihren Berufsverband als Kolleginnen und Kolleginnen auf dem Land?

Dr. Metzmacher: In Großstädten ist die Versorgungssituation oft eine andere, die Hausarztdichte ist höher, und auch der Weg zum nächsten Spezialisten ist in der Regel nicht weit. Daraus ergeben sich andere Erfordernisse sowohl an die eigene Arbeit als auch an fachübergreifende Kooperationen. Das spiegelt sich zum Teil in Netzstrukturen wider, die aus meiner Sicht nicht in Konkurrenz zum Bayerischen Hausärzteverband als Berufsverband stehen, diesen aber auch nicht ersetzen können. Das möchte ich vermitteln und habe vor, verstärkt auf Kolleginnen und Kollegen und auch auf Ansprechpartner in Netzen zuzugehen. Durch meinen Amtsvorgänger Dr. Hans-Erich Singer sind wir schon auf gutem Weg, aber Corona hat uns da ausgebremst, weil Veranstaltungen abgesagt werden mussten.

Wie sieht es mit der Hausarztzentrierten Versorgung – der HZV aus? Gibt es da auch Unterschiede zwischen Stadt und Land?

Dr. Metzmacher: Die HZV ist für alle attraktiv, sowohl in der Stadt als auch auf dem Land. Ich sag’s mal so: viele Kolleginnen und Kollegen überschätzen den Aufwand, der mit der HZV verbunden ist, und viele Patientinnen und Patienten unterschätzen den Nutzen. Gerade in Großstädten besteht die Gefahr, dass die Versorgung verschlechtert wird, weil das Angebot so vielfältig und unübersichtlich  ist. Ohne eine vernünftige Patientensteuerung besteht leicht die Gefahr der Über- und Fehlversorgung. Das konnten die bisherigen Evaluationen belegen: Der HZV-Patient ist besser versorgt! Die Rolle des Hausarztes wie in der HZV definiert, ist deshalb auch in der Großstadt extrem wichtig: Sie bietet den HZV-Teilnehmenden einen zentralen Ansprechpartner, der die medizinische Versorgung in den meisten Fällen selbst gewährleisten kann, mit seinem Überblick über die individuell sinnvollen fachärztlichen Therapien zusammen mit dem Patienten die Behandlung koordiniert. Das muss man den Patientinnen und Patienten gegenüber auch so darstellen. Dieses Bild des Hausarztes nach außen zu vermitteln, gehört zu meinen wichtigsten berufspolitischen Anliegen.

Viel diskutiertes Thema ist derzeit die Digitalisierung. Sehen Sie hier berufspolitisch Handlungsbedarf?

Dr. Metzmacher: Ich möchte mal klarstellen: Intern sind die Hausarztpraxen ja schon lange digital. Fast jede Praxis hat ihre EDV-Struktur, dokumentiert und rechnet digital ab. Worüber diskutiert wird, ist die digitale Öffnung nach außen, und da geht die Vernetzung aus meiner Sicht in eine falsche Richtung – das unkontrollierte Offenlegen von sensiblen Patientendaten in einer staatlich geforderten Struktur. Das bringt Sicherheitsprobleme mit sich und dürfte viele Patientinnen und Patienten überfordern. Für uns Ärztinnen und Ärzte stellt diese Form der Digitalisierung einen erheblichen Kostenfaktor dar, dem kein entsprechender Nutzen gegenübersteht.  Auch hier bietet die HZV eine gute Alternative: Wird die HZV so gelebt, wie sie gedacht ist, liegen alle Unterlagen digital und sicher beim Hausarzt, wo sie auf Wunsch des Patienten auch eingesehen werden können – inklusive fachkundige Erklärung durch den Hausarzt.

Kommen wir zu einem weiteren aktuellen Thema: Nachwuchs im hausärztlichen Bereich. Da sind Sie als Mitinitiator und Vorstandsmitglied der Initiative „Ärzte schnuppern Landluft“ aktiv. Wie ist Mittelfranken mit Blick auf künftige PraxisnachfolgerInnen aufgestellt?

Dr. Metzmacher: Wir haben in Mittelfranken neben sehr erfolgreichen Einzelaktionen auch lokale und sehr gut funktionierende Nachwuchsprojekte wie den Verein „Ärzte schnuppern Landluft“ (ÄSL) im fränkischen Seenland und die „Medizinische Ferienakademie Altmühlfranken“. Beide Projekte sind inzwischen nachgeahmt worden durch das Programm „Beste Landpartie Allgemeinmedizin“, kurz BeLA. Die Idee dahinter ist, angehende Ärztinnen und Ärzte dabei zu unterstützen, einerseits in die Hausarztmedizin hineinzuschnuppern und Gefallen daran zu finden, gleichzeitig aber auch die jeweilige Region kennen und schätzen zu lernen. Ich selbst habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht: Seit Beginn meiner Lehrtätigkeit 2014 haben in meiner Praxis in Gunzenhausen schon 42 Studierende aus ganz Deutschland, darunter 10 PJler, teils wiederholt praktische Erfahrungen in der Allgemeinmedizin gesammelt. Die Nachfrage ist jedes Jahr größer als die Zahl der Plätze, die ich zur Verfügung stellen kann, Stand heute ist meine Praxis bis Ende 2022 ausgebucht. Die weiteren Bewerber versuche ich an ÄSL weiterzuvermitteln. Ich hoffe da schon auf einen gewissen Klebeeffekt, sodass die oder der eine oder andere später für die Weiterbildung zurückkommt und sich langfristig für die Hausarzttätigkeit in unsere Region entscheidet. Und zunehmend tun dies ja auch junge Kolleginnen und Kollegen. In meiner Praxis fängt im Januar bereits der dritte Arzt in Weiterbildung an.

Ein Erfolg, den Sie den Nachwuchsprojekten zuschreiben?

Dr. Metzmacher: Ja natürlich. Aber ohne die Möglichkeit einer freien Unterkunft hätte kaum einer von den Medizinstudierenden, die hier waren, von Gunzenhausen gehört oder wäre hier her gekommen. Einmal hier, sehen die Medizinstudierenden dann, dass es sich hier gut leben und hausärztlich arbeiten lässt. Individuelle und vereinsbasierte Initiativen lohnen sich. Ich denke, wer sich auf diese Weise in der Nachwuchsarbeit engagiert, wird sich später einmal kaum Gedanken um die Praxisnachfolge machen müssen.

Mehr Kolleginnen und Kollegen für die Verbandarbeit motivieren, HZV stärken, Digitalisierung in die richtigen Bahnen lenken, Studierende für eine Karriere als Hausärztin oder Hausarzt in Mittelfranken begeistern – Themen und Arbeit gibt es also genug. Welche sind am dringlichsten?

Dr. Metzmacher: Der gute Zusammenhalt untereinander und auch mit den Ärztinnen und Ärzten anderer Fachgebiete hat für mich oberste Priorität. Nur gemeinsam sind wir stark und können unsere Interessen erfolgreich vertreten. Ich sehe mich selbst und den Delegiertenkreis auch in der Pflicht, offen für Fragen und Anregungen der Mitglieder zu sein. An zweiter Stelle kommt für mich, gegenüber Studierenden, der Politik und Öffentlichkeit deutlich zu machen, was die Hausarztmedizin leisten kann – es geht darum, das Bild der Hausärzte zu vermitteln: unverzichtbarer Mittelpunkt der medizinischen Versorgung und letztendlich unverzichtbar unsere Patienten.

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