„Die eigene Praxis – ist das was für mich?“ Erfolgreiche Premiere für Infoabend in München

Hausärzteverein Bamberg
Gut 30 30 Ärztinnen und Ärzte, die entweder noch in der
Weiterbildung stehen oder bereits als Fachärztinnen
und Ärzte in Hausarztpraxen angestellt sind, kamen zu
Infoabend Niederlassung.

„Die eigene Praxis – ist das was für mich?“ Um diese Frage ging es am Mittwochabend dieser Woche (20.11.2024) bei einer Informations- und Austauschveranstaltung, zu der der Bayerische Hausärzteverband Bezirk München und der JADE Stammtisch München eingeladen hatten. Gut 30 Ärztinnen und Ärzte, die entweder noch in der Weiterbildung stehen oder bereits als Fachärztinnen und Ärzte in Hausarztpraxen angestellt sind, nutzten die Chance, sich Input zu dieser Fragestellung im Rahmen einer Podiumsdiskussion zu holen.

Vor Veranstaltungsbeginn hatten die Teilnehmenden Gelegenheit, ihre persönlichen Fragen aufzuschreiben, die Moderatorin Dr. Flora Wendel, selbst Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, dann in der Podiumsdiskussion aufgriff.

Let’s talk about money

Zwei häufige Fragen aus dem Publikum drehten sich ums Geld: Mit welchem finanziellen Aufwand ist bei Übernahme oder Neugründung einer Praxis zu rechnen, wie hoch sind die Kosten einer Praxis und die zu erwartenden Gewinne?

Dr. med. Oliver Abbushi, Bezirksvorsitzender München des Bayerischen Hausärzteverbandes, konnte bei der Beantwortung dieser Fragen auf seine langjährige Erfahrung als hausärztlicher Praxischef zurückgreifen. Er erklärte, wie unterschiedlich die Vergütung der ärztlichen Leistungen für verschiedene Patientengruppen ausfallen kann. So sei zunächst einmal zwischen Akutpatienten und chronisch Kranken zu unterscheiden, deren intensivere Betreuung mit zusätzlichen Pauschalen abgegolten wird. Insgesamt liegen die Fallwerte bei HZV-Versicherten deutlich höher als in der Regelversorgung und nochmals höher bei Bewohnerinnen und Bewohnern von Pflegeheimen, deren Betreuung auch nochmal aufwändiger ist. Hinzu kommen Privatversicherte, die – je nach Anzahl - deutlich zum Praxisumsatz beitragen können. Abhängig von diesen Faktoren lasse sich bei der richtigen Ausrichtung der Praxis ein mehrfaches Angestelltengehalt erzielen. Für die laufenden Praxiskosten seien 40- 50 Prozent des Praxisumsatzes einzukalkulieren, wobei Personalkosten mit etwa 70 Prozent den Löwenanteil der Praxiskosten ausmachen.

Preise für Praxen sinken mit Entfernung von Metropolen

Hausärzteverein Bamberg
Dr. Andreas Ammer plant den Einstieg in die
Selbstständigkeit und konte zu den Kosten der
Praxisübernahme oder -gründung Auskunft geben.

Auch die Kosten für die Gründung oder Übernahme einer Hausarztpraxis werden von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, auf die Dr. Andreas Ammer, Ansprechpartner für den JADE-Stammtisch München, näher einging. Da der junge Allgemeinmediziner den Einstieg in die Selbstständigkeit plant, hat er sich mit der Thematik auseinandergesetzt. Demnach gehen Aspekte wie Lage der Praxis, Ausstattung, KV-Sitz, Patientenstamm und -bindung sowie Umsatz in die Berechnung des Übernahmepreises für eine Praxis ein. Insgesamt sinken die Kosten, je weiter die Praxis von einer Metropole entfernt liegt. Ohnehin würde sich die Anfangskosten auch deshalb relativieren, da der Kaufpreis steuerlich abgeschrieben werden.

Finanzielle Unterstützung bieten Niederlassungsförderungen der Bayerischen Staatsregierung und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, falls man sich für die Niederlassung in einer unterversorgten oder drohend unterversorgten Region entscheidet. Ruth Stefan, Leiterin des KVB-Beratungscenter München, wies zudem auf das umfangreiche Beratungsangebot der Körperschaft hin.

Familienfreundliches Arbeiten durch freie Zeiteinteilung

Ein weiteres Thema, das die Ärztinnen und Ärzte mit Niederlassungsgedanken umtreibt, ist die Arbeitsbelastung. Die Möglichkeit, sich die Arbeit selbst einzuteilen, war für Dr. Christina Adamczyk als Mutter von zwei Kindern ein Grund, sich selbstständig zu machen: „Jeder von uns hat einen freien Tag pro Woche“, beschreibt sie ihre Arbeitssituation und die ihrer Praxispartnerin. „Mittags bin ich raus aus der Praxis“, dann steht die Familie im Vordergrund. Aber abends nehme sie sich manchmal noch Zeit für bürokratische Aufgaben wie Patientendokumentation.

Wieviel Zeit in die eigene Praxis investiert werden muss, hängt letztlich auch davon ab, ob die niedergelassene Ärztin/der niedergelassene Arzt einen vollen oder einen halben Kassensitz hat. Bei einem vollen Kassensitz müssen 25 Sprechstunden pro Woche angeboten werden, bei einem halben Kassensitz 12,5 Stunden, klärte Ruth Stefan auf. Etwa die gleiche Stundenzahl müsse jeweils für andere in der Praxis anfallende Aufgaben eingeplant werden wie Buchhaltung, Organisation und Personalwesen. Dieser Part sei anfangs noch etwas zeitintensiver wie bei jeder Unternehmensgründung, war man sich auf dem Podium einig.

Diskutiert wurde auch, wieviel Erfahrung nötig sei, um den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Dr. Adamczyk konnte auf 5 Jahre Klinikerfahrung und 7 Jahre als Angestellte in einer Praxis zurückblicken, bevor sie sich in eigener Praxis niederließ. „Es war gut, soviel Erfahrung zu haben“, sagt sie rückblickend.

Dr. Leopold von Seckendorff, noch in Weiterbildung Allgemeinmedizin, ist wie viele Veranstaltungsteilnehmende noch unsicher, wohin sein Berufsweg ihn führen wird. Aber falls es die eigene Praxis sein sollte, sieht er die Sache entspannt und setzt auf „Learning by doing“: „Ich nehme hier mit, es ist alles machbar, so viel Berührungsangst braucht man nicht haben.“ „Zwei Jahre müssten reichen“, meinte auch Dr. Abbushi.

Gut informiert in die Niederlassung

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Dr. Andreas Ammer (links neben ihm Dr. Christina Adamczyk)
plant den Einstieg in die Selbstständigkeit und konte zu
den Kosten der Praxisübernahme oder -gründung Auskunft geben.

Wichtig aus Sicht von Dr. Ammer: Wer sich niederlassen möchte, sollte auf jeden Fall mehrere Informations- und Austauschveranstaltungen besuchen, riet er und verwies unter anderem auf den Bavarian Circle des Bayerischen Hausärzteverbandes, bei dem jeweils vier Module aus dem Werkzeugkasten Niederlassung angeboten werden. „Ich war bislang selbst bei zwei Terminen dabei – das hilft, einen Überblick zu bekommen und Sorgen und Ängste zu verlieren. Solche Veranstaltungen geben die Sicherheit, dass Niederlassung machbar ist“, unterstreicht er.

Unterschiedliche Perspektiven auf die Niederlassung

Insgesamt fällt das Fazit zur Premiere dieser Niederlassungs-Infoveranstaltung sowohl bei Organisatoren als Teilnehmenden positiv aus. Eine Ärztin, die noch 16 Monate Weiterbildung vor sich hat, sich aber mit dem Thema Niederlassung auseinandersetzt, lobte den klaren Rahmen, die fachlichen Auskünfte und die Moderation von Dr. Flora Wendel. Eine junge Ärztin im zweiten Weiterbildungsjahr fand die unterschiedlichen Perspektiven auf die Niederlassung, die vom Podium geboten wurden, richtig interessant. Es sei beruhigend zu erfahren, dass es Förderungen gibt, man beim Schritt in die Selbstständigkeit nicht allein gelassen wird und sich keine Sorgen machen muss, dass die Praxis nicht läuft. Auch eine angestellte Fachärztin nimmt die Veranstaltung zum Anlass, sie mehr mit dem Thema Selbstständigkeit zu befassen. Und eine weitere Hausärztin, die kurz vor dem Ende ihrer Weiterbildung steht, will nach der Veranstaltung erst einmal Erfahrung in Anstellung sammeln und dann nach einem Arztsitz nahe München Ausschau halten.

Mitveranstalter Dr. Oliver Abbushi zeigt sich sehr zufrieden mit dem Infoabend. „Das machen wir wieder“, kündigt er an.
Sie möchten beim nächsten Info- und Austauschabend zur Niederlassung gerne dabei sein? Dann wenden Sie sich bitte an Dr. Oliver Abbushi unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

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