Ausgenutzt? Hausarztpraxen in der Pandemie

"Ja, ich denke, man kann sich im Augenblick durchaus als von der Politik ausgenutzt fühlen", beantwortet Dr. Oliver Abbushi, Bezirksvorsitzender München, die Frage im aktuellen Bezirks-Newsletter vom 8. Juni 2021.

 
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich hoffe Ihnen allen geht es gut und Sie hatten zu Pfingsten einige Tage der Erholung und Ruhe. Leider war es mir auch aufgrund der vielfältigen Herausforderungen unter anderem auch als Versorgungsarzt im Landkreis München in den letzten Monaten kaum möglich, einen Newsletter zu verfassen. Aber ich war mit vielen von Ihnen in Kontakt und so weiß ich um die Gemütslage vieler Kolleginnen und Kollegen Bescheid.

Ja, ich denke, man kann sich im Augenblick durchaus als von der Politik ausgenutzt fühlen.

In den meisten Hausarztpraxen herrscht nun seit einem Jahr und drei Monaten durchgehend Ausnahmezustand. Erst waren wir an vorderster Front ohne Schutzkleidung tätig, dann starteten wir mit großem Engagement mit Corona-Testungen, viele von Ihnen auch in den Seniorenheimen. Von Welle zu Welle hielten wir Infekt-Sprechstunden, kümmerten uns um Verdachtsfälle und die vielen an Covid-19 erkrankten Patientinnen und Patienten ambulant. Wir waren der entscheidende Schutzwall für die Krankenhäuser. Und seit April sind wir die wichtigste Säule im Impfprozess.

Viele Praxisteams sind am Ende der Belastbarkeit. Tausende Überstunden haben sich angehäuft. Jetzt könnte jemand sagen, dass wir doch nur unsere Aufgaben als Hausärztinnen und Hausärzte erledigen. Ich würde sagen, ja richtig, es sind unsere Aufgaben. Und natürlich sind wir es in einer solchen Pandemie unserem Land und unseren Patientinnen und Patienten schuldig, dass wir als Hausärztinnen und Hausärzte das ermesslich Machbare leisten, genauso wie es andere Kolleginnen und Kollegen z.B. auf den Intensivstationen tun.

Was bei uns aber deutlich zu kurz kommt, ist die Anerkennung dieses Kraftakts durch die Politik. Gerade in den letzten Wochen wurden wir mehrfach vor den Kopf gestoßen. Vollmundige Ankündigungen zur Selbstprofilierung kamen im Wochenrhythmus, und zwar ohne die Inhalte mit denen zu besprechen, die es umsetzen müssen, also mit uns.: „Kein Astra mehr in den Impfzentren, Aufhebung der Priorisierung für Astra, Aufhebung der Priorisierung für Biontech“ und vieles mehr. Der Bayerische Hausärzteverband, liebe Kolleginnen und Kollegen, konnte sich zwar im Staatsministerium regelmäßig einbringen. Trotzdem wurde auch der Verband von vielen Ankündigungen überrascht.

Die Politik hat entweder keine Vorstellung, was in den Praxen abgeht, oder es ist ihr schlichtweg egal. Man will im Wahlkampf als Macher dastehen, die tollsten Impfquoten präsentieren. Wie armselig und traurig das ist.

Auch finanziell werden wir aktuell ausgenutzt. Während die KV Bayerns noch ordentliche Entschädigungen für die „Söder-Tests“ erzielen konnte und beispielsweise den Ausgleich für die Mehrkosten an Schutzkleidung organisierte, hat die Bundes-KV bei der Verhandlung zur Honorierung der Impfung völlig versagt. 20 € ist in Anbetracht des Aufwandes und der Kosten, die im Impfzentrum anfallen (>100€), lächerlich. Der Aufwand für uns ist auch deshalb so hoch, weil wir im Gegensatz zu den Impfzentren keine festen Quoten für Impfstoff in den Praxen haben. Auch hier hat die KBV den Kürzeren gezogen. Die nächste Unverschämtheit bahnt sich beim digitalen Impfausweis an. Hier soll den Apotheken ca. 18€ bezahlt werden, und wir erhalten für bei uns Geimpfte nur ca. 2-6€ (für Fremde ebenfalls ca.18€). Und wo ist eigentlich der bis heute 1000-fach geforderte Bonus für unsere Fachangestellten?

Wenn hier weiterhin nichts geschieht, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir aus meiner Sicht zu einem „Tag der Regeneration in den Arztpraxen ohne Impfungen“ aufrufen. Vielleicht wachen die politisch Verantwortlichen dann endlich auf.

Neben der Anerkennung für den Pandemie-Marathon in unseren Praxen benötigen wir dringend eine ordentliche Gegenfinanzierung unserer Aufwendungen. Das Personal benötigt wieder geregelte Arbeitszeiten und alle müssen in den Urlaub. Gleichzeitig sind wir der Meinung, dass alle Hausärztinnen und Hausärzte gegen Covid-19 impfen sollten. Wir sind für die Versorgung unserer Patienten zuständig auch in Pandemiezeiten und das Impfen ist eine originär hausärztliche Tätigkeit.

Ich möchte mich an dieser Stelle noch bei allen Verbandsdelegierten in München für Ihren wichtigen Einsatz in wichtigen Gremien und für Ihre Unterstützung bedanken.

Passen Sie alle auf sich und Ihre Teams auf, überlasten Sie sich nicht. Wir brauchen Sie alle als Hausärztinnen und Hausärzte, auch nach dieser Pandemie.

PS: Schreiben Sie Ihre Patientinnen und Patienten in die Hausarztzentrierte Versorgung (HZV) ein. Die HZV bietet den Patientinnen und Patienten nicht nur eine bessere Versorgung, sondern auch das Honorar liegt deutlich über EBM Niveau. Sie wird vom Hausärzteverband direkt mit den Krankenkassen verhandelt. Mehr unter www.hausaerzte-bayern.de/index.php/hzv/ihre-teilnahme

 

Kontakt:  Email Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!  Fax 089/6252710

Bleiben Sie gesund, Ihre hausärztlichen Vertreter in München

Oliver Abbushi     Daniel Pohl

Delegierte:

 Christoph Grassl                    Katharina Teubner             Hans-Joachim Willerding
 Andreas Durstewitz  Wolfgang Ritter  Friedrich Kiener 
 Georg-Eike Böhme  Tanja Poenitsch  

Ersatzdelegierte:

Markus Frühwein                Ernst Engelmayr                   Jörg Schelling
Günther Holthausen Viktoriya Mintser Christina Adamczyk
Rudolf Schäfer Peter Hauber   

Bezirks-Newsletter München vom 08.06.2021 als PDF
 
  

 

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