Dr. Klecker: „Wir sind nur stark mit einer starken Basis“

Veröffentlicht am 14. März 2019.

Die Mitgliederzahl und somit den Organisationsgrad des Bayerischen Hausärzteverbandes zu erhöhen, ist für Dr. Nikolaus Klecker ein zentrales Ziel als neuer Bezirksvorsitzender Oberbayern des Bayerischen Hausärzteverbandes. Am 20.02.2019 hat er seinen Amtsvorgänger Dr. Bernhard abgelöst, der nicht wieder kandidiert hatte. Dr. Klecker ist seit 1993 als Facharzt für Allgemeinmedizin in Rosenheim niedergelassen und seit 1996 Mitglied des Bayerischen Hausärzteverbandes. Berufspolitische Erfahrung hat er bereits als Vorstandsmitglied des Ärztlichen Kreisverbandes Rosenheim gesammelt.

 
Neu gewählt: Dr. Klecker (li) mit der stellvertretenden Bezirksvorsitzenden Oberbayern - Eval Greipel und dem ehemaligen Bezirksvorsitzenden Dr. Bernhard Kofler
Dr. Klecker (li) mit Eval Greipel und
Dr. Bernhard KoflerDr.

Er war am Aufbau der Bereitschaftspraxis Rosenheim am Klinikum beteiligt und 1.Vorsitzender des Trägervereins von 2010 bis zur Übernahme der Bereitschaftspraxis durch die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns 2018. Im Interview erzählt er, was ihn motiviert hat, für das Amt des Bezirksvorsitzenden Oberbayern des Bayerischen Hausärzteverbandes zu kandidieren und welche weiteren berufspolitischen Ziele ihm am Herzen liegen.

Sie sind seit über 20 Jahren Mitglied im Bayerischen Hausärzteverband, im Vorstands- und Delegiertenteam im Bezirk Oberbayern sind Sie noch neu. Was hat für Sie den Ausschlag für Ihr intensiveres Engagement im Verband gegeben?

Dr. Klecker: Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass eine wirtschaftlich und finanziell gut planbare Hausarztpraxis langfristig nur mit der Hausarztzentrierten Versorgung möglich ist. Man muss sich nur mal anschauen, was die Kassenärztliche Bundesvereinigung, von der sich immer noch viele Kollegen vertreten fühlen, an Honorarabschlüssen in den letzten Jahren erreicht hat. Da werden schon Honorarsteigerungen im 0,X- Bereich als großer Erfolg verkauft. Angesichts der steigenden Praxiskosten ist das keine gesunde Relation mehr und weit entfernt von einem Oberarztgehalt im Krankenhaus, das immer als Vergleich herangezogen wird. Wir haben seit Jahren steigende Kosten in unseren Praxen, denken Sie nur an die immens gestiegenen Kosten im EDV- Bereich, aber auch an die Lohn- und Tarifabschlüsse unserer MFA in den letzten Jahren. Schauen Sie zum Beispiel nur die Hausbesuche im EBM für ca. 23 Euro, dass liegt unter der Anfahrtspauschale von einem Handwerker und es ist keine Bewegung in Sicht. Zuletzt sind 8% Steigung im öffentlichen Dienst über 3 Jahre abgeschlossen worden und bei uns? Das Geld ist bei den reichlichen Überschüssen der Kassen aber vorhanden. Ich bin überzeugt, dass unsere Vertretung als Hausärzte der Hausärzteverband ist, und ich möchte im und mit dem Verband etwas bewegen. Deshalb habe ich ja gesagt, als ich von Kollegen gefragt wurde, ob ich für das Amt des Bezirksvorsitzenden kandidiere.

Was möchten Sie in den nächsten Jahren für Oberbayern erreichen?

Dr. Klecker: Zunächst einmal muss ich natürlich Fuß fassen in meinem neuen Amt, mich mit dem Landesvorstand abstimmen. Wir haben Dank der guten Arbeit in der Verbandsspitze in den letzten Jahren überwiegend gute Verträge erhalten, eine finanzielle Basis, mit der wir kalkulieren können. Wir dürfen uns aber nicht ausruhen, sondern müssen aus dem bisher gesagten weiter an finanziellen Verbesserungen, insbesondere auch für die jungen nachrückenden Kollegen arbeiten, um diesen schönen Beruf attraktiv zu erhalten. Diese Verträge zu erhalten und weiter zu entwickeln, ist für mich ein wichtiges Anliegen, für das ich mich einsetze. Erst letzte Woche hatte ich ein konstruktives Gespräch über verschieden hausärztliche Themen mit dem Direktor der AOK Rosenheim. Ich stehe für eine Politik der kleinen kontinuierlichen Schritte, das heißt, immer beharrlich die eigene Position gegenüber Kassen und Politik darstellen und Verständnis für unsere Anliegen schaffen, ganz nach dem Motto „steter Tropfen höhlt den Stein“.

Haben Sie ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?

Dr. Klecker: Das gibt es. Wir müssen künftig noch besser aufgestellt sein, gegenüber den Kassen, der Politik und für unsere Top- Leistungen und regelmäßige Fortbildungen, die wir zusätzlich leisten, auch eine gute Bezahlung verlangen. Es kann nicht sein, dass wir in Vorleistung gehen (2 überregionale Fortbildungen, 4 Qualitätszirkel im Jahr) und Leistungen mit einer teuren Zusatzausbildung, wie beispielsweise Chirotherapie, von der Kasse nicht übernommen werden, dafür aber osteopathische Leistungen auf Privatrezept bezahlt werden. Es ist wie gesagt genug Geld im System, für gute Leistungen müssen wir auch gutes Geld verlangen und ggf. aus schlechten Verträgen aussteigen! Dafür werde ich mich einsetzen. Und wir müssen mehr Kolleginnen und Kollegen von der Teilnahme an der HzV überzeugen. Schließlich liegen die Fallwerte in den Hausarztverträgen um 20 bis 30 Euro über denen im KV-System. Die Hausarztzentrierte Versorgung ist in meinen Augen auch das beste Argument, um junge Allgemeinmediziner von der Niederlassung zu überzeugen und sie für ein berufspolitisches Engagement zu gewinnen. So wird eine junge Praxis wirtschaftlich jetzt und zukünftig finanziell planbar.

In wie fern?

Dr. Klecker: Umfragen unter den jungen Kollegen zeigen, dass sie die Niederlassung vor allem aus Angst vor Regressen und zu viel Bürokratie scheuen. Beides müssen sie in der Hausarztzentrierten Versorgung weniger fürchten, und mit einem hohen Anteil an HzV-Versicherten kann man auch besser gegenüber seiner Bank auftreten, weil die Vergütung kalkulierbar und planbar ist im Gegensatz zum KV-Honorar. Leider ist das gerade den jungen Hausärztinnen und Hausärzte oft nicht bewusst, wenn sie aus der Klinik kommen.

Stichwort Digitalisierung – für Sie ein Thema?

Dr. Klecker: Auf jeden Fall. Leider gehört Deutschland bei der Digitalisierung zu den Schlusslichtern in Europa, auch in der medizinischen Versorgung. Dabei könnten wir viel weniger Bürokratie um die Ohren haben, wenn wir eine einheitliche Patientenakte hätten – und eine europaweit einheitliche standardisierte Gesundheitskarte mit wichtigen Informationen für mich als Arzt. Aber die Versichertenkarten sind weit davon entfernt, einheitlich zu sein, meine MFA sind mit Patienten aus dem europäischen Ausland lange unnötig beschäftigt, weil kein kartenlesbarer Chip eingebaut ist. Das ist Mittelalter. Ich werde das Thema bei Europaabgeordneten in unserer Region ansprechen.

Wie sieht es mit der Nachwuchsproblematik in der hausärztlichen Versorgung Oberbayerns mit seinen vielen landschaftlich begünstigten Regionen aus?

Dr. Klecker: Wir haben in Oberbayern wie auch in den anderen Bezirken die Problematik, dass 30 bis 35 Prozent der Hausärzte in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen werden, und es wird auch bei uns immer schwerer, Praxisnachfolger zu finden. Kürzlich erst haben zwei Kollegen in unserer Region ihre Praxis ohne Nachfolger geschlossen. Da müssen wir als Vorstand noch mehr darauf hinwirken, dass die Niederlassung als Hausarzt für den Nachwuchs attraktiv ist. Die Stärkung der HzV spielt dabei eine zentrale Rolle, ebenso die weitere Aufweichung der starren Regelungen zur Anstellung von Ärzten in Praxen. Hier ist noch mehr Flexibilität gefragt. Der zunehmende Mangel an Hausärzten stärkt unsere Position und unseren politischen Einfluss. Um die ambulante hausärztliche Versorgung in der Fläche zu erhalten, ist die Politik nun eher zu Zugeständnissen bereit. Das sollten wir nutzen, um die Arbeitssituation in den Hausarztpraxen zu verbessern und mit Augenmaß entsprechende Forderungen stellen – damit sich künftig mehr junge Mediziner für unseren schönen Beruf entscheiden. Das ist auch zukünftig sicherlich noch eine zentrale Aufgabe.

 

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