Nicht Jammern, HZV leben

Stephan Pilsinger
Dr. Mohammad Ahmadi

Auf der Bezirksmitgliederversammlung Unterfranken vergangene Woche (09.03.2023) wurde Dr. Mohammad Ahmadi zum neuen Bezirksvorsitzenden gewählt. Im Interview beschreibt der seit 11 Jahren in Mainstockheim im Landkreis Kitzingen niedergelassene Allgemeinmediziner, was ihn antreibt und wo er die Schwerpunkte seiner berufspolitischen Arbeit sieht. Ganz vorne auf seiner Agenda: Mehr Ärzte und Patienten für die HZV gewinnen.

Herr Dr. Ahmadi, Sie haben sich bereits als Bezirksdelegierter für Hausärztinnen und Hausärzte im Verband engagiert, als Bezirksvorsitzender übernehmen Sie eine neue Aufgabe und mehr Verantwortung. Was hat für Sie den Ausschlag für dieses intensivere Engagement im Verband gegeben?

Dr. Mohammad Ahmadi: Hätte man mich vor 10 Jahren gefragt, ob ich als Bezirksvorsitzender kandidieren möchte, hätte ich mir das sicher noch nicht zugetraut und abgelehnt. In den zurückliegenden Jahren konnte ich als Bezirksdelegierter berufspolitische Erfahrung sammeln und Einblick in die Verbandsarbeit bekommen, so dass ich mich jetzt gut vorbereitet fühle für diese Aufgabe.

Warum ich mich engagiere? Ich habe erlebt, dass es Sinn macht, sich einzusetzen, dass man einiges bewirken kann. Als Arzt in Weiterbildung habe ich den gescheiterten Ausstiegsversuch 2010 miterlebt und konnte beobachten, wie der Bayerische Hausärzteverband seither seine politische Herangehensweise geändert hat – mit Erfolg. Der unermüdliche und hartnäckige Einsatz von Vertreterinnen und Vertretern des Bayerischen Hausärzteverbandes hat mich fasziniert und motiviert. Und ich habe erkannt: Jammern hilft nicht, man muss aktiv werden. Wir haben als Verband inzwischen so viel erreicht, zum Beispiel mit der Hausarztzentrierten Versorgung, dass uns die Fachärzte teilweise darum beneiden.

Dann ist Ihnen die Weiterentwicklung der HZV ein wichtiges Anliegen?

Dr. Ahmadi: Ja, das ist ein ganz wichtiges Thema. Dass sich die HZV sowohl für uns Hausärztinnen und Hausärzte als auch für die Patientinnen und Patienten lohnt, leben wir in unserer Praxis vor, und das versuche ich auch zu vermitteln, wo es geht.

Wie sieht es mit dem hausärztlichen Nachwuchs in Unterfranken aus?

Dr. Ahmadi: Wie überall in Bayern und auch im gesamten Bundesgebiet kommen noch zu wenige Hausärztinnen und Hausärzte nach, selbst im städtischen Randbereich. In Würzburg-West beispielsweise sind aktuell 8,5 Hausarztsitze frei und der Versorgungsgrad liegt bei unter 90 Prozent. Dabei ist man von dort in 20 Minuten in Würzburg-Stadt. Noch dramatischer sieht es im Planungsbereich Schweinfurt-Nord aus, auch an der Rhön und im Spessart fehlt Nachwuchs. Und viele der jungen Ärztinnen und Ärzte, die nachkommen, wollen sich nicht niederlassen, sondern lieber angestellt arbeiten.

Sein eigener Chef sein ist nicht attraktiv?

Dr. Ahmadi: Man muss ehrlicherweise sagen, dass das gerade auf dem Land, wo die Patientinnen und Patienten noch die Einstellung haben, der Hausarzt müsse immer erreichbar sein, schon mit viel Arbeit verbunden ist. Ich sehe das an unserer Gemeinschaftspraxis, die ich mir mit einem älteren Kollegen teile. Wir haben zwei angestellte Hausärztinnen, die super Arbeit leisten. Aber wenn es kompliziert wird, zum Beispiel Diskussionsbedarf bei einem Patienten besteht und Lösungen gefunden werden müssen, ist der Chef gefragt, Gleiches gilt für Bürokratie. Dazu kommt die Schwierigkeit, Personal zu finden – wir sind hier nicht weit weg von Würzburg, und die Stadt saugt alles auf, sowohl MFA wie auch Ärztinnen und Ärzte, die eine Anstellung suchen. Das alles macht den Schritt in die Niederlassung nicht immer leicht.

Was sagen Sie jungen Kolleginnen und Kollegen, warum lohnt sich die Niederlassung trotzdem?

Dr. Ahmadi: Die eigene Praxis bietet sehr viele Möglichkeiten, man muss sich nur damit beschäftigen. Es nutzt nichts, zu jammern über zu viel Bürokratie oder schlechte Honorierung. Wir leben in einem Land mit klaren Regeln und Gesetzen, mit denen muss man sich auseinandersetzen und verstehen, wie sie funktionieren, damit man Vorteile erkennen und nutzen kann.

Hier komme ich wieder auf die HZV zurück: Da fühlen sich manche davon abgeschreckt, dass es sechs verschiedene Verträge gibt und fürchten ein Vielfaches an Bürokratie – das Gegenteil ist der Fall. Unterm Strich kann man in der HZV durch die Pauschalen mit einigen wenigen Abrechnungsziffern den Großteil der Behandlungen abbilden. Dazu kommt die deutlich schlankere Dokumentationspflicht: Anders als im KV-System muss ich in der HZV beispielsweise keine Romane schreiben, um die Abrechnung einer Chronikerziffer zu begründen. Wenn man sich dann die durchschnittlichen Fallwerte anschaut, die bei unseren HZV-Patienten deutlich höher als im KV-System ausfallen, kommt man auch auf eine vernünftige Honorierung. Davon profitiert die Praxis, das Arbeiten macht Spaß, und die Patienten sind besser versorgt.

Die Patientinnen und Patienten muss man davon aber auch überzeugen.

Dr. Ahmadi: Das fällt mir nicht schwer. Wir setzen in unserer Praxis auch eigene Anreize, ein Hauptargument ist die bessere Vorsorge. HZV-Versicherte haben alle zwei Jahre Anspruch auf einen Check-up, alle anderen nur alle drei Jahre. In der HZV werden standardmäßig bei den meisten Verträgen mehr Blutwerte abgefragt, wobei wir in unserer Praxis generell auf eigene Kappe rund 20 Blutwerte vom Labor erfassen lassen – ein echtes Plus für unsere HZV-Patienten: Der Verlauf der Leber- und Nierenwerte beispielsweise ist bei der Diagnose auftretender Beschwerden sehr hilfreich, somit kann ich einfach bessere Medizin machen. Für HZV-Patienten greifen wir auch gerne zum Hörer, wenn sie einen Facharzttermin brauchen. Dazu kommt, dass es mir die bessere Vergütung in der HZV – 75 Prozent unserer Patienten sind eingeschrieben – erlaubt, regelmäßig in die Praxis und in Personal zu investieren. Für die Patienten bedeutet dies, dass sie in einer Praxis auf neuestem technischem Stand versorgt werden und uns immer ohne lange Wartezeit erreichen. Heute Morgen zum Beispiel hatten wir rund 70 Anrufe, die innerhalb von durchschnittlich 22 Sekunden angenommen wurden und von denen keiner verpasst wurde.

Reicht HZV alleine aus, um mehr Nachwuchs für den hausärztlichen Bereich zu gewinnen?

Dr. Ahmadi: Wir müssen schon an den Universitäten beginnen, die Studierenden für die Allgemeinmedizin zu interessieren. Der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin an der Universität Würzburg ist ein entscheidender Faktor. Er sensibilisiert frühzeitig für die Allgemeinmedizin, das hat einen enormen Effekt. Ich hoffe auch ganz stark auf Medizinstudierende aus unserer Region, die in Würzburg studieren, im Umland Blockpraktika und Famulaturen in Hausarztpraxen machen und sich später in Hausarztpraxen niederlassen. Hier tragen die Zusammenarbeit des Bayerischen Hausärzteverbandes mit dem Institut für Allgemeinmedizin in Würzburg und die Weiterbildungsverbünde, die sich in Unterfranken entwickelt haben, erste Früchte.

Das war auch bei der Bezirksmitgliederversammlung letzte Woche spürbar. Ich war ganz überrascht, wie viele neue Kolleginnen und Kollegen gekommen sind. Beeindruckend fand ich auch das politische Interesse und die Bereitschaft, sich zu engagieren, gerade auch bei den Kolleginnen: Einige entschlossen sich spontan, sich als Ersatzdelegierte oder Delegierte zur Wahl zu stellen. Das motiviert für die Zukunft!

 

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