München: Bezirks-Newsletter Juni 2025: Ambulante Versorgung vom Kopf auf die Füße stellen
Wie sich der Bayerische Hausärzteverband dafür einsetzt, die Arbeitsbedingung in der hausärztlichen Versorgung zu entwickeln und auch zu erhalten, dass sie attraktiv bleibt, ist unter anderem Thema des aktuellen Bezirks-Newsletters.
Themen:
- Primärarztsystem bedeutet die Versorgung vom Kopf auf die Füße zu stellen
- HZV im Koalitionsvertrag
- Angestellt in Hausarztpraxis versus in investorengeführtem MVZ
- Kurz notiert
- Termine
Die neue Gesundheitsministerin Nina Warken am 27.05.2025 im ZDF zum geplanten Primärarztsystem/ Hausarztmodell: „Erster Ansprechpartner für die Patientinnen und Patienten ist der Hausarzt. … Das halten wir für einen guten Weg, um die Patienten besser zu steuern…“.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Ministerin beschreibt das, was im aktuellen Koalitionsvertrag festgehalten ist. Dies ist nicht weniger als die Verankerung der Hausarztpraxis im Zentrum der ambulanten Versorgung. Diese Weichenstellung bedeutet - wenn sie vernünftig umgesetzt wird - eine enorme Aufwertung unseres wunderschönen Berufes. Sie wird automatisch dazu führen, dass die hausärztliche Versorgung nachhaltig gefördert wird, und zwar politisch, strukturell, finanziell auch an den Universitäten. Die bereits heute zunehmende Beliebtheit der Hausarztmedizin wird unter den Kolleginnen und Kollegen weiter steigen. Patientinnen und Patienten werden ihre feste Hausarztpraxis haben, und es wird wieder deutlich schneller Termine in Gebietsfacharztpraxen geben. Die Krankenkassen werden Kosten einsparen: Keine unnötigen und teuren (Doppel-) Untersuchungen, keine Beanspruchung mehrerer Hausarztpraxen gleichzeitig. Die Gebietsfachärztinnen und -ärzte müssen niemanden mehr wegschicken und können endlich die Patientinnen und Patienten behandeln, die sie dringend brauchen.
Ich möchte hier ausdrücklich auch der CSU-Verhandlungsgruppe zum Koalitionsvertrag mit Stephan Pilsinger, Klaus Holetschek u.a. dafür danken, dass sie die dringend notwendige Umstrukturierung des deutschen Gesundheitssystems festgeschrieben haben. Und natürlich geht ein großer Dank an unsere BHÄV- und HÄV-Vorstände Wolfgang Ritter und Markus Beier für ihren unermüdlichen Einsatz in den letzten Monaten.
1. Primärarztsystem bedeutet die Versorgung vom Kopf auf die Füße zu stellen
Diese Reform ist nicht trivial, aber eben sinnvoll und notwendig. Vor 2026 wird es hier voraussichtlich keine gesetzliche Entscheidung geben. In dieser Zeit wird für uns Hausärztinnen und Hausärzte viel Gegenwind kommen. Beiträge wie „Jeder 4. Hausarzt will hinschmeißen“ in der Bild Zeitung vom 11.06.2025 sollen die Verunsicherung schüren und suggerieren, dass die Hausarztpraxis durch das Primärarztmodell zum Flaschenhals wird. Ehrlich gesagt, aktuell gibt es nur einen Flaschenhals und das ist die Wartezeit bei vielen Gebietsfachärztinnen und -ärzten. Wir alle wissen: Patientinnen und Patienten warten oft Monate auf wichtige Termine, z.B. zur Abklärung möglicher maligner Erkrankungen. Ein Unding!
Diese Reform stellt die ambulante Versorgung wieder vom Kopf auf die Füße und ich bin sicher, dass ein Primärarztmodell mit der HZV als fortschrittliche Premiumalternative für uns alle von Vorteil sein wird (siehe oben).
Was uns bei der Umsetzung helfen wird: Strukturelle Unterstützung, Jahresüberweisungen für spezifisch gebietsfachärztlich zu behandelnde Kranke, das Teampraxismodell (Delegation unkritischer Leistungen an VERAHs oder PCMs / Primary Care Manager), digitale Tools und die vielen neuen hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen inklusive Quereinsteigende (Abschlüsse FA Allgemeinmedizin in den letzten 10 Jahren verdoppelt!). Wir als Hausärztinnen und Hausärzte müssen keine Sorge vor Überlastung haben.
2. HZV im Koalitionsvertrag
Koalitionsvertrag 5.5.2025:
„…setzen wir auf ein verbindliches Primärarztmodell … in der hausarztzentrierten Versorgung und im Kollektivvertrag…“
Liebe KollegInnen und Kollegen,
wenn wir die Koalition ernst nehmen, dann werden sich die Versicherten in Zukunft bei einer Hausarztpraxis in die Versorgung fest einschreiben müssen. Die HZV ist hier sicher für die Patientinnen/Patienten und für die Praxen die fortschrittlichere, bürokratieärmere und auch ökonomisch sinnvollere Variante. Nutzen Sie die Zeit und schreiben Sie schon heute so viele Versicherte wie möglich in die HZV ein.
3. Angestellt in Hausarztpraxis versus in investorengeführtem MVZ
Liebe angestellte Hausärztinnen und Hausärzte,
aus den vielen Gesprächen, Diskussionen mit Euch im Rahmen unseres Netzwerkes BHÄV München (bei Interesse:
Vorteile iMVZ - Arbeit in Teilzeit gut möglich; oft sehr gutes Gehalt.
Nachteile iMVZ - oft schräge Vorgaben zur Arbeitsweise; kurzfristige Filialwechsel; oft nur leichte Fälle z.B. Erkältung und AU; kaum kontinuierliche Patientenversorgung; wenig chronisch Kranke; häufig keine Haus- und Heimbesuche, keine Palliativmedizin
Fazit: Wenn Ihr echte Hausarztmedizin leben möchtet, dann sucht euch eine selbstständige Hausarztpraxis!
PS: Große Ketten sind hochgradig profitorientierte Unternehmen, weil sie teils durch Aktienfonds oder Private Equity finanziert werden. Sie machen hausärztliche Versorgung langfristig kaputt!
4. Kurz notiert
- 650.000 € überreichte die Staatsministerin Judith Gerlach beim Bayerischen Hausärztetag im Mai in Erlangen zur Förderung des Teampraxismodels „HÄPPI“
- Das hausärztliche Kochbuch “Heldenküche – Die Hausärzte-Edition“ von und mit Sternekoch Alexander Herrmann ist ab sofort erhältlich. Bestellung für 25 € unter www.bhaev.de/kochbuch 10 € gehen nur hier direkt in die Nachwuchsförderung unserer Stiftung.
- Treffen im Ärztlichen Kreis- und Bezirksverband München zum Thema Krisen-Resilienz in München. Krisen-Resilienz beschreibt die Fähigkeit eines Systems, einer Gesellschaft oder einzelner Institutionen, sich auf Krisen und Katastrophen einzustellen. Wir werden uns hiermit weiter auseinandersetzen (müssen).
- Endlich auch in Bayern Einigung über die Vergütung der RSV-Impfung (Standard: 89137, Indikation: 89138) und über Praxisbedarf bestellbar.
4. Termine
28.06.2025 Tag der Allgemeinmedizin der TU-München: https://www.am.mh.tum.de/de/tda
17.10.2025 Infos und Diskussion für angestellte Ärztinnen/Ärzte (gemeinsam mit der JADE) in München – bei Interesse
Unterstützen Sie uns, Ihren BHÄV in München!
Ihr
Oliver Abbushi Markus Frühwein
Kontakt:
Delegierte:
Christoph Grassl | Daniel Pohl | Friedrich Kiener |
Andreas Durstewitz | Wolfgang Ritter | Katharina Teubner |
Georg-Eike Böhme | Tanja Poenitsch |
Ersatzdelegierte:
Gudrun Endres-Sowa | Hans-Joachim Willerding | Jörg Schelling |
Hannes Blankenfeld | Viktoriya Mintser | Christina Adamczyk |
Rudolf Schäfer | Ernst Engelmayr | Flora Wendel |
Leopold von Seckendorff | Christiane Drescher | |