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Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz: „Dieses Gesetzesvorhaben geht komplett an der Versorgungsrealität vorbei“

verfasst am 12. Dezember 2025
Dass es höchste Zeit für eine effiziente primärärztliche Steuerung der Patientinnen und Patienten ist, daran besteht auch aus Sicht der Ärzteschaft kein Zweifel. Doch ein Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz in der geplanten Form braucht es nicht, so Dr. Petra Reis-Berkowicz.

„Unser Gesundheitssystem krankt an zu vielen Schnittstellen und an zu wenig Koordination, das hat Bundesgesundheitsministerin Nina Warken völlig richtig vor kurzem in einem Interview selbst klargestellt. Wir brauchen also eine effiziente primärärztliche Steuerung der Patientinnen und Patienten“, erklärt Dr. Petra Reis-Berkowicz, erste stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes.

Mit dem Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz hat sich vor wenigen Tagen die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) befasst, deren Vorsitzende Dr. Petra Reis-Berkowicz ist. Auch hier gab es breite Kritik an dem Gesetzesvorhaben, das unter anderem Impfungen in Apotheken vorsieht.

Versorgungsebene außerhalb der Praxen – und damit ohne ärztliche Expertise

„Dass die Gesundheitsministerin jetzt mit dem Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz eine Versorgungsebene außerhalb der Praxen – und damit ohne ärztliche Expertise – einführen will, widerspricht fundamental ihrer eigenen Erkenntnis und ist völlig widersinnig. Das Ergebnis werden eine schlechtere Versorgung und höhere Kosten sein. Am Ende zahlen dann die Patientinnen und Patienten mal wieder die Zeche“, so die im oberfränkischen Gefrees niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin.

Der aktuelle Referentenentwurf sieht vor, dass Apotheken künftig alle anerkannten Schutzimpfungen mit Totimpfstoffen bei Erwachsenen durchführen, unter bestimmten Umständen verschreibungspflichte Arzneien ohne neues Rezept abgeben sowie Früherkennungsberatungen und Gesundheitstests anbieten dürfen.

"Wahlgeschenk an die große Apothekenketten"

„Dieses Gesetzesvorhaben geht komplett an der Versorgungsrealität vorbei. Gerade kleinere Apotheken auf dem Land haben dafür weder die Räumlichkeiten noch das Personal. Es ist ein Wahlgeschenk an die große Apothekenketten. So hat selbst der Thüringer Apothekerverband unlängst erklärt, dass sich Impfen eigentlich nicht lohnt“, berichtet Dr. Petra Reis-Berkowicz und erklärt, dass damit auch die Belastung der Praxen zunehme: „Das Paul-Ehrlich-Institut hat ermittelt, dass bis zu 28 Prozent der von einer Impfnebenwirkung betroffenen Patienten eine prolongierte unerwünschte Reaktion auf eine Impfung haben. Es handelt sich also nicht um Einzelfälle, die dann wieder in unseren Praxen aufschlagen, weil man in der Apotheke mit solchen komplexen Fällen mangels einer fundierten medizinischen Ausbildung komplett überfordert ist. Impfquoten erhöht man nicht mit Pieks-to-Go-Angeboten, sondern mit einer guten ärztlichen Versorgung.“