Blockpraktikum in der Landarztpraxis: „Da will ich hin – viel Motivation fürs Lernen auf das Examen!“
Paulina Pietsch kommt aus dem Raum Ingolstadt und studiert in Regensburg Medizin im 10. Semester. Für ihr Blockpraktikum in der Praxis von Dr. Margit Kollmer im niederbayerischen Velden hatte sie gute Gründe – und wurde nicht enttäuscht, wie sie im Interview deutlich macht.
Frau Pietsch, was hat Sie in die Hausarztpraxis von Dr. Kollmer im ländlichen Velden bei Landshut verschlagen?
Pietsch: Ich wurde bei einer Veranstaltung der „Medical Students for Choice“, einer Arbeitsgruppe an der Universität Regensburg, auf Dr. Kollmer aufmerksam. Sie hielt dort einen Vortrag über medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche in der Hausarztpraxis. Als ich festgestellt habe, dass Dr. Kollmer Lehrärztin der Universität Regensburg ist, habe ich mich bei ihr beworben. Und ich bin froh, dass es geklappt hat.
Velden ist ein gutes Stück von Ihrem Studienort Regensburg entfernt – hatten Sie vor Ort eine Unterkunft?
Pietsch: Ja ich hatte ein Zimmer in Velden, das Dr. Kollmer organisiert hat und von der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband gefördert wurde.
Konnten Sie in den zwei Wochen ihres Blockpraktikums bei Frau Dr. Kollmer Erfahrungen mit dem medikamentösen Schwangerschaftsabbruch sammeln?
Pietsch: Ja, es war eine sehr interessante Erfahrung. Während des Blockpraktikums kamen mehrere Frauen in die Praxis, die sich aus unterschiedlichen Gründen für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden hatten – sei es beispielsweise aufgrund ihrer finanziellen Lage, eines neuen beziehungsweise fehlenden Partners, oder der nicht vorhandenen Kapazität, sich um ein weiteres Kind zu kümmern.
Der Abbruch einer Schwangerschaft ist immer eine sehr belastende Situation für die Frauen. Aber ich konnte mich davon überzeugen, dass der medikamentöse Abbruch schonender ist als operative Alternativen. Eine Patientin meinte, es fühle sich für sie "natürlicher" an als ein operativer Eingriff, auch wenn künstlich eine Fehlgeburt herbeigeführt wird.
Mit wurde auch klar: Es gibt einen echten Bedarf. Die Patientinnen nahmen teils zwei Stunden und mehr für die Anreise in Kauf. In ganz Niederbayern gibt es neben Dr. Kollmer nur eine weitere Arztpraxis, die diese Behandlung anbietet.
Ich fand auch schön, wie Dr. Kollmer mit den Frauen in dieser Ausnahmesituation umgeht. Sie ist zugewandt und nicht wertend.
Konnten Sie während Ihres Blockpraktikums bei Dr. Kollmer selbst medizinisch tätig werden?
Pietsch: Ja, ich habe Blutabnahmen, Blutdruckmessungen, Impfungen und Labortätigkeiten übernommen, Klammern entfernt und Patientinnen und Patienten untersucht, war im Sprechzimmer mit dabei. Ich konnte sonographieren, war mit Dr. Kollmer auf Visite in dem Hospiz, das sie medizinisch betreut, und habe die besondere Atmosphäre dort miterlebt. Auch bei einer Leichenschau war ich dabei – alles Dinge, mit denen man im Studium so direkt nicht in Berührung kommt.
Wie wurden Sie vom Praxisteam und den Patienten aufgenommen?
Pietsch: Sehr herzlich. Oft fühlt man sich ja anfangs etwas unwohl, wenn man neu ist, das war hier in der Praxis gar nicht so. Ich habe mich von Anfang an wohl gefühlt, und mir gefällt auch der Dialekt, der hier gesprochen wird, vielleicht gerade weil wir bei uns zu Hause gar nicht Dialekt sprechen.
Können Sie sich vorstellen, später selbst Hausärztin zu werden, vielleicht sogar in eigener Praxis?
Pietsch: Ja, auf jeden Fall. Anfangs ist es vermutlich besser, erst einmal angestellt im Team zu arbeiten, um Erfahrung zu sammeln. Aber langfristig kann ich mir eine eigene Niederlassung – auch wie Dr. Kollmer in einer Einzelpraxis – durchaus vorstellen. Das Blockpraktikum hier hat mich in meinem Beschluss, in die Allgemeinmedizin zu gehen, gestärkt und mir gezeigt: Da will ich hin – viel Motivation fürs Lernen auf das Examen!