Fit für den Start in die Weiterbildung Allgemeinmedizin
Kompaktes Wissen rund um die Weiterbildung bot die Bayerische Landesärztekammer (BLÄK) mit ihrem neuen Format „Level-up – Deine Weiterbildung richtig starten“ vergangenen Freitag (28.11.2025) in München. Die Veranstaltung startete mit einem informativen Einführungsvortrag, der viele Tipps auf dem Weg von der Beantragung der Approbation bis hin zur Facharztprüfung beinhaltete. So zum Beispiel der Rat, nachzuprüfen, ob der gewählte Weiterbildungsort – Praxis oder Klinik – über eine entsprechende Weiterbildungsbefugnis verfügt, da ansonsten die dort abgeleistete Weiterbildungsabschnitt nicht anerkannt werden kann. Dazu bietet die BLÄK auf ihrer Homepage eine „Befugnissuche“ an.
Nach dem Einführungsvortrag konnten die Teilnehmenden in Workshops zu unterschiedlichen Themen vertiefende Informationen einholen und diskutieren.
Interesse groß am Einstieg in die Allgemeinmedizin
Unter dem Titel „Dein Einstieg in die Allgemeinmedizin“ gab Benjamin Haugg, hausärztlicher Internist und Mitglied im Forum Weiterbildung des Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, den Teilnehmenden seines voll besetzten Workshops einen Überblick zu wichtigen Ansprechpartnern vom Medizinstudium über die Weiterbildung bis hin zur Niederlassung als Hausärztin oder Hausarzt an die Hand.
„Der Bayerische Hausärztinnen und Hausärzteverband ist immer für euch da“
Ganz vorneweg steht für Haugg dabei der Bayerische Hausärztinnen- und Hausärzteverband (BHÄV), in dem er schon seit seiner Studienzeit aktiv ist. „Der Bayerische Hausärztinnen- und Hausärzteverband ist ein Zusammenschluss von Hausärztinnen und Hausärzten, der hausärztliche Interessen gegenüber der Politik, den Krankenkassen und in der Selbstverwaltung, zum Beispiel BLÄK und Kassenärztlicher Vereinigung Bayerns vertritt. Er begleitet einen vom Studium bis zur vertragsärztlichen Tätigkeit“, erklärte er. “Egal ob im Studium, in der Weiterbildung oder als Fachärztin oder Facharzt, der Bayerische Hausärztinnen- und Hausärzteverband ist immer für euch da, um euch die besten Ansprechpartner zu vermitteln. Irgendjemand bei uns kennt sich mit dem Thema aus, das euch beschäftigt“, so sein Versprechen.
Angebote für zukünftige Hausärztinnen und Hausärzte
Er wies auf die Förderprogramme der Stiftung Bayerischer Hausärzteverband für Famulatur, Blockpraktikum und PJ hin sowie auf die Veranstaltung „Start-up Allgemeinmedizin“ im Vorfeld des Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärztetags und den Bavarian Circle hin. „Der BHÄV macht Berufspolitik“, definierte er eine Hauptaufgabe des Berufsverbands für Hausärztinnen und Hausärzte in Bayern. Zum Beispiel als Verhandlungspartner der Verträge zum freiwilligen Primärarztsystem Hauarztzentrierten Versorgung.
Haugg ging im Anschluss auf die Aufgaben der Bayerischen Landesärztekammer, der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (KoStA), des Kompetenzentrums Weiterbildung Allgemeinmedizin Bayern (KWAB), der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ein, bevor er mit Vorurteilen gegenüber der Allgemeinmedizin aufräumte. „Ihr macht ja nur Husten, Schnupfen, Heiserkeit und ein bisschen Flöhe, wenn die im Kindergarten unterwegs sind“ – das sei ein gängiger Spruch.
Schwere Erkrankungen und Notfälle erkennen können – darauf kommt’s an
„Aber das ist Quatsch“, weiß Haugg aus eigener Erfahrung und verdeutlichte dies an einem Beispiel aus der zurückliegenden Woche: Ein 63-Jähriger Patient war beim Säubern der Dachrinne rückwärts von der Leiter auf den darunterliegenden Rasen gestürzt. Zunächst ging es ihm gut, dann aber traten heftige Kopfschmerzen auf, die den Mann in Hauggs Sprechzimmer führten. Der Hausarzt war sofort alarmiert, vor allem, da der Patient üblicherweise nicht unter Kopfschmerzen litt. Er vereinbarte für den Patienten einen sofortigen Termin in einer ihm bekannten radiologischen Praxis für ein CT des Schädels, das ein Subduralhämatom, „zum Glück klein“, erkennen ließ. „Es ist ganz wichtig, dass ihr euch als Niedergelassene vernetzt mit anderen Gebietsfachärzten vor Ort“, schob er in diesem Zusammenhang ein.
„Klar, wir haben jetzt Erkältungszeit, und Schnupfen/Heiserkeit dominiert aktuell“, räumte Haugg ein. „Worauf es aber ankommt: Die zehn Prozent zu erkennen, die ein schwerwiegendes gesundheitliches Problem haben. Und den einen darunter herauszufischen, der ein Notfall ist.“ Die Kunst dabei: Die richtigen Fragen zu stellen.
Der Weg zur Fachärztin/zum Facharzt Allgemeinmedizin
Wie aber wird man Hausärztin oder Hausarzt? Hier ging Haugg auf die Weiterbildungsordnung Allgemeinmedizin ein: Von den 60 Monaten Weiterbildung sind 24 Monate ambulante Weiterbildung Allgemeinmedizin Pflicht, ebenso mindestens sechs Monate in einem weiteren Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung. Pflicht sind auch mindestens 12 Monate Innere Medizin in der stationären Akutversorgung. Letzteres bedeutet: Die Klinik bietet rund um die Uhr eine Notaufnahme mit Innerer Medizin und Chirurgie zur stationären Behandlung von unselektiertem Patientengut. „Nicht jede Klinik mit einer Abteilung Innere Medizin erfüllt diese Voraussetzungen“, warnte Haugg. Sein Tipp: „Bevor Ihr einen Vertrag unterschreibt, fragt nach und schaut im Zweifel auf die Homepage der BLÄK, ob eine Weiterbildungsbefugnis für Allgemeinmedizin vorliegt.“
Zu den Pflichtabschnitten in der Weiterbildung Allgemeinmedizin gehören zudem 80 Stunden Psychosomatik inklusive Balintgruppe – eine sinnvolle Vorgabe, wie Haugg findet. „Viele Beratungsanlässe in der Hausarztpraxis haben einen psychischen oder psychosomatischen Hintergrund“, ist seine Erfahrung.
Wahl der Weiterbildungsabschnitte: Was Hausärztinnen und Hausärzte brauchen
Wo angehende Allgemeinmediziner die restliche Weiterbildungszeit verbringen, bleibt ihnen überlassen. Vorgegeben ist lediglich, dass jeder Weiterbildungsabschnitt mindesten drei Monate umfassen muss. Zu den Fachgebieten, die für die spätere hausärztliche Tätigkeit besonders relevant sind, zählt Haugg die Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (HNO): „Ihr müsst ganz viel in Ohren schauen.“ Auch Dermatologie spielt seiner Erfahrung nach eine wichtige Rolle: „Hautveränderungen sind ein häufiger Beratungsanlass“. In die Kinderheilkunde hinein zu schnuppern, hält er für besonders wichtig für angehende Hausärztinnen und Hausärzte, die ihre Zukunft in einer Landarztpraxis sehen: „Auf dem Land gehen die meisten Leute mit ihren Kindern zum Hausarzt“.
Erst Klinik oder Praxis?
Sollte man zuerst mit dem Weiterbildungsabschnitt in der Klinik oder in der Praxis beginnen? Beides ist möglich. Mit Blick auf die Facharztprüfung Allgemeinmedizin riet Haugg aber: „Ich würde meine Weiterbildungszeit nicht mit dem klinischen Abschnitt beenden.“ Denn die Prüfungsfragen drehen sich im Wesentlichen und Fragestellungen aus der hausärztlichen Versorgung. Mit einem Weiterbildungsabschnitt in der Praxis zu beginnen, dann in die Klinik zu wechseln und für den letzten Teil der Weiterbildung in die Praxis zurückzukehren, hat für Haugg schon seinen Charme: „Man lernt die Praxistätigkeit kennen ohne Schicht- und Wochendienste, mit denen man in der Klinik konfrontiert ist. Da lernt man die Arbeit in der Praxis zu schätzen und freut sich drauf, dort wieder arbeiten zu können“, ist seine Erfahrung.
Verdienst in der Weiterbildung Allgemeinmedizin
Auch auf’s Geld kam Haugg zu sprechen. Derzeit wird die ambulante Weiterbildung Allgemeinmedizin in Bayern mit 5.800 Euro monatlich gefördert, in drohend unterversorgten Regionen kommen 250 Euro dazu, in bereits unterversorgten Regionen 500 Euro. Grundsätzlich sollte sich die Vergütung am Tarifgehalt an kommunalen Krankenhäusern orientieren - Hausärztinnen und Hausärzte, die den „Kodex gute Weiterbildung“ des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes unterzeichnet haben, verpflichten sich unter anderem dazu. Das bedeutet, dass sie für ihre Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung ab dem zweiten Weiterbildungsjahr auf die Weiterbildungsförderung noch etwas drauflegen. Welche Hausärztinnen und Hausärzte die Selbstverpflichtung unterzeichnet haben, lässt sich auf der Homepage des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes nachlesen.
Forum Weiterbildung im BHÄV: Plattform für angehende Hausärztinnen und Hausärzte
Abschließend durfte ein Hinweis auf das Forum Weiterbildung im Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverband nicht fehlen, in dem Haugg Gründungsmitglied ist. „Wer Lust hat, sich auszutauschen oder eine Frage zur Weiterbildung hat, der kann einfach eine E-Mail an
Für Fragen stand Benjamin Haugg auch am Stand des Bayerischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes zur Verfügung – eine Möglichkeit, die viele Teilnehmende gerne nutzten. „Das war eine gute Veranstaltung und das Interesse an der Allgemeinmedizin groß“, bilanzierte Benjamin Haugg im Nachgang.