„Es ist wichtig, die Patienten zu erkennen, bei denen keine Besserung eintritt“

Nach einer Covid-19-Infektion entwickeln viele Betroffene Symptome, die sie dauerhaft beeinträchtigen – das kann auch bei leichten Verläufen der Fall sein. Im Interview berichtet Professor Dr. Rembert Koczulla, Chefarzt und Lungenexperte in der Klinik Berchtesgadener Land, aus der dortigen Post-Covid-Ambulanz und erklärt auch, was Ärztinnen und Ärzte in seinem Seminar „Update Long-Covid-Syndrom“ erwartet.

 
Dr. Jakob Berger
Prof. Dr. Rembert Koczulla

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich mit Long Covid beschäftigen?

Dr. Koczulla: In der ersten Corona-Welle haben wir Patienten ebenfalls akut versorgt und dabei festgestellt, dass die Patienten auch nach der Akutbehandlung noch Probleme hatten. Typische Symptome waren unter anderem Müdigkeit, Lungenprobleme oder Husten. Das hat uns dazu bewogen, das weiter abzuklären – deshalb haben wir die Post-Covid-Ambulanz ins Leben gerufen und ein Rehabilitationskonzept entwickelt. Ziel der Post-Covid-Ambulanz ist es, die Erkrankung besser zu verstehen und zu behandeln.

Welche Rolle spielt das Thema in Ihrem Arbeitsalltag?

Dr. Koczulla: Wir haben einen hohen Anteil von Long-Covid-Erkrankten; rund 50 Prozent unserer Patienten im Haus haben Long- beziehungsweise Post-Covid. Ein großer Teil der Patienten ist glücklicherweise rekonvalesziert – bei ihnen wird es mit der Zeit besser. Bei 85 bis 90 Prozent sehen wir schon nach vier bis fünf Wochen deutliche Besserungen. Die Symptome mildern sich typischerweise ab oder können auch ganz verschwinden.

Was ist das Hauptproblem bei dieser Erkrankung?

Dr. Koczulla: Medizinisch geht es darum, individuelle Symptome abzufragen und symptomorientiert medikamentös und nicht-medikamentös zu behandeln.
Gesellschaftlich ist es wichtig, diese Erkrankung überhaupt zu erfassen und ein Verständnis für die Krankheit, die Patienten und unter Umständen auch ihre Langwierigkeit zu entwickeln – beim Patienten wie auch in der Gesellschaft. Außerdem sind die wissenschaftliche Begleitung und individuelle Therapieplanung extrem wichtig.

Was macht dieses Krankheitsbild so schwierig für die Ärzte?

Dr. Koczulla: Oft ist der zeitliche Aufwand ein Riesenproblem. Denn diese Patienten lassen sich typischerweise nicht in fünf Minuten diagnostizieren. Dafür sind häufig umfangreiche Diagnostik und daraus resultierende Behandlung notwendig – und das wirkt sich aktuell zum Teil belastend auf das Gesundheitssystem aus. Auch das häufige Auftreten der Erkrankung ist problematisch. Vor einem Jahr hatte man das vielleicht noch gar nicht so erwartet. Und ich denke, dass an vielen Stellen auch das fehlende Wissen ein Problem darstellt – solange wir nicht besser wissen, was genau die Symptome auslöst und wie man sie am besten behandeln kann, bleibt es schwierig.

Warum ist die Beschäftigung damit für Ärzte wichtig?

Dr. Koczulla: Weil es ganz wichtig ist, diejenigen Patienten herauszufischen, bei denen eben keine Besserung eintritt. Man muss dann herausfinden, warum die nicht eintritt – dafür muss auch die Diagnostik in Richtung differentialer Diagnostik beachtet werden. Wichtig ist immer, den Patienten ernst zu nehmen und zu schauen, ob sich etwas bessert. Wenn sich beim einzelnen Patienten nichts bessert, dann muss man gute Diagnostik und Differentialdiagnostik initiieren und – gegebenenfalls auf der im Moment noch sehr schwachen – Evidenz eine Therapie einleiten.

Treten Ärzte auch mit fachlichen Fragen zu dem Thema an Sie heran?

Dr. Koczulla: Ja, ich erhalte viele Anfragen. Dabei geht es oft um Luftnot, Medikamentengabe, Therapieform; ganz häufig werde ich auch zum Umgang von Long-Covid zum Beispiel in Verbindung mit Dialyse oder hyperbarer Sauerstofftherapie gefragt. Dazu gibt es leider noch wenig Erkenntnisse.

Was können sich Hausärztinnen und Hausärzte von Ihrem Seminar zu „Update Long-Covid-Syndrom“ erwarten?

Dr. Koczulla: Ich versuche Evidenz zu Diagnostik und Therapie in einem zu liefern unter Berücksichtigung aktueller Studiendaten.

Warum denken Sie, lohnt es sich für Hausärzte, dieses Seminar zu besuchen?

Dr. Koczulla: Um ein tatsächlich evidenzbasiertes „Update“ zu bekommen und nicht auf die Medien und die dort zum Teil vertretenen effektheischenden Beiträge angewiesen zu sein. Es kursieren viele Informationen im Internet. Diese wecken unter Umständen auch viele Hoffnungen.
Erfreulicherweise fördert Bayern Long-/Post-Covid-Studien, um dieses interessante und schwierige Krankheitsbild besser verstehen zu können.
Das Ziel dieses Seminars ist es jedenfalls, die Behandlungsmöglichkeiten und die aktuelle Datenlage kennenzulernen und eine realistische Einschätzung der Erkrankung zu gewinnen.

Online-Seminar "Update Long-COVID-Syndrom"

Termine:

  • Mittwoch, 09.03.2022 |16:00 - 17:30 Uhr
  • Mittwoch, 27.04.2022 |16:00 - 17:30 Uhr

Infos & Anmeldung

 

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