Krieg, Telematik, Corona, Klima – volles Programm für die KVB-Vertreterversammlung

„Die Invasion Russlands in die Ukraine erfüllt die in der KVB verbundenen Ärzte und Psychotherapeuten mit Abscheu. Wir trauern um die vielen Opfer dieses Kriegs und sind bestürzt über die grenzenlosen Zerstörungen“, beginnt die Resolution, die die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns am Samstag einstimmig verabschiedet hat. Die Ärzte und Psychotherapeuten hätten sich den in Bayern angekommenen Flüchtlingen sofort angenommen und würden sich mit großer Hingabe um eine bestmögliche Versorgung kümmern, stellte die Vertreterversammlung fest und forderte den Freistaat auf, sicherzustellen, „dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen können“. Wichtig seien klare Regelungen, hieß es in der Resolution, die die KVB-Vorstände Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz und Dr. Claudia Ritter-Rupp sowie die Vorsitzende der Vertreterversammlung, Dr. Petra Reis-Berkowicz, einbracht hatten: „Die Versorgung der bei uns Zuflucht suchenden Menschen muss Vorrang haben. Zweifel am medizinisch gebotenen Versorgungsumfang dürfen nicht entstehen oder müssen unbürokratisch aufgelöst werden.“

 
Dr. Jakob Berger

Konnektoren: KVB fordert Gesetzgeber zur Klarstellung auf

In einer weiteren Resolution, die der KVB-Vorstand initiiert hatte, ging es um die Telematikinfrastruktur. Aktueller Anlass war die Aussage des Bundesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI), wonach für Konnektoren, die widerrechtlich Patientendaten speichern, weder der Hersteller noch die Gematik als Prüf- und Zertifizierungsinstanz verantwortlich seien, sondern die „Ärzte und Leistungserbringer".

In der Resolution der KVB heißt es dazu klar und deutlich: „Die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns fordert den Gesetzgeber in Anbetracht der aktuellen Diskussion um die datenschutzrechtliche Verantwortung für den Konnektor als elementare Komponente der Telematikinfrastruktur (TI) nachdrücklich auf, unmissverständlich und eindeutig in § 307 Abs. 1 SGB V klarzustellen, dass die datenschutzrechtliche Verantwortung für zugelassene Komponenten der dezentralen Infrastruktur der TI bei den jeweiligen Herstellern und der Gesellschaft für Telematik (Gematik) als Prüf- und Zertifizierungsinstanz liegt. Allen Versuchen, diese Verantwortung den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten zuzuordnen, muss durch den Gesetzgeber unverzüglich die Grundlage entzogen werden.“

Die Gematik müsse dieser Verantwortung im Rahmen des Zulassungsprozesses gerecht werden. Das Bundesministerium für Gesundheit sei als Mehrheitsgesellschafter der Gematik aufgefordert, diese in ihrer Aufgabenwahrnehmung zu überwachen.

"Technologischer Irrweg muss gestoppt werden"

Ebenfalls mit der Thematik beschäftigte sich ein Antrag, den Dr. Jürgen Büttner, 1. stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, und Dr. Dieter Geis, Ehrenvorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, erfolgreich eingebracht hatten. Darin heißt es: „Die seitens der Gematik angekündigte Austausch-Aktion für in den Praxen installierte Konnektoren erzeugt Unverständnis und Ratlosigkeit bei der Vertragsärzteschaft. Die KVB-VV fordert den Gesetzgeber auf, den eingeschlagenen technologischen Irrweg umgehend komplett zu stoppen und damit keine weiteren Versichertengelder zu verschleudern, Elektroschrott zu produzieren und unerträgliche Belastungen für eh schon überstrapazierte Vertragsärzte:innen und deren medizinisches Fachpersonal zu produzieren.“

Angenommen wurde auch der Antrag von Dr. Petra Reis-Berkowicz, wonach sich der Vorstand der KVB gegenüber der KBV und Bundesregierung dafür einsetzen solle, „dass die Einführung von TI-Anwendungen in der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung ab sofort unter einer starken Einbeziehung ärztlicher und psychotherapeutischer Expertise erfolgt“. Außerdem müssen, so forderte die Vertreterversammlung, „künftige Anwendungen so lange sektorenübergreifend getestet werden, bis sie in der Praxis funktionieren“. Darüber brauche man weiterhin papierbasierte Ersatzverfahren im Falle eines Ausfalls oder einer Störung der Datenübermittlung.

Auch einem weiteren Telematik-Antrag schloss sich die Vertreterversammlung an. Demnach wurde der Vorstand der KVB beauftragt, die Möglichkeit zu prüfen, analog zur Praxis der KZVB den Honorarabzug bei Nichtanschluss eine Telematikinfrastruktur so lange auszusetzen, bis eine höchstrichterliche Entscheidung vorliege.

Ärzteschaft durch Long Covid gefordert

In Bezug auf die Corona-Pandemie berichtete der Vorstand der KVB über das Erreichen von 12 Millionen Impfungen in den bayerischen Vertragsarztpraxen. Die Hoffnung, dass sich durch den Novavax-Impfstoff die Quote der Impfwilligen erhöhen würde, habe sich bislang nicht erfüllt. Insofern hält der Vorstand der KVB seine Forderung nach einer allgemeinen, im Gesetz verankerten Impfpflicht weiterhin aufrecht. Zunehmend aufwändiger wird inzwischen der Umgang mit den längerfristigen Folgen einer akuten Corona-Erkrankung. So wurden in Bayern im vergangenen Jahr über 140.000 Patienten mit einer Long-Covid-Symptomatik behandelt, drei Viertel davon in den Praxen der Hausärzte. Auch Pneumologen und Kardiologen seien in die Behandlung stark eingebunden. Mit dem seit Sommer 2021 bestehenden KVB-Long-Covid-Netzwerk und Fortbildungsseminaren sollen die Ärzte und Psychotherapeuten für die Herausforderungen, die mit dem komplexen Krankheitsbild verbunden sind, fit gemacht werden.

Neben dem Krieg in der Ukraine, der Telematikinfrastruktur und der Corona-Pandemie hat sich die Vertreterversammlung auch intensiv mit den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen beschäftigt. Die Umweltmedizinern Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann berichtete in einem Impulsvortrag eindrucksvoll über die gesundheitlichen Effekte des Klimawandels und zeigte mögliche Maßnahmen auf. Die Vertreterversammlung verabschiedete dazu mehrere Anträge. So wurde unter anderem gefordert, dass die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns eine gemeinsame Kommission Klimawandel und
Gesundheit mit der Bayerischen Landesärztekammer einrichten und dass die KVB sich aktiv bei der Entwicklung von Hitzenotfallplänen engagieren solle.

 

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