Hintergrund zum Bayerischen Hausärztetag: Um diese Kernbotschaften geht es

Eva Greipel und Michael Haselbeck
Dr. Wolfgang Ritter und Dr. Petra Reis-Berkowicz nahmen
Stellung zu berufspolitischen Themen, die am Bayerischen
Hausärztetag diskutiert werden.

Die demografischen Entwicklungen, Mangel an Nachwuchsmedizinerinnen und -medizinern sowie veränderte Einstellungen zu Umfang und Form der hausärztlichen Berufsausübung - all diese Faktoren hätten zu Veränderungen im System geführt, mit der Folge, dass die hausärztliche Versorgung in bestimmten Regionen schwer unter Druck geraten sei, erläutert Dr. Wolfgang Ritter den Hintergrund der aktuellen Lage in der hausärztlichen Versorgung. In diesem Zusammenhang übt er deutliche Kritik an Politik und Vertretern des Gesundheitssystems. Diese hätten die Entwicklung nicht ernst genommen oder tatenlos Dinge laufen lassen. Trotz ständiger Warnungen seitens des Verbandes: „Wir haben die Krankenkassen darauf hingewiesen und wurden belächelt“, so Dr. Ritter. Auch von der Politik sei dieses Strukturproblem ignoriert worden. „Die Politik hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, so der BHÄV-Vorsitzende.

In diesem Zusammenhang begrüßt er einzelne Punkte des – geleakten – Referentenentwurfs zur Reform des ambulanten Sektors aus dem Bundesgesundheitsministerium als überfälligen Schritt. Dies sei ein Entwurf, der mit Vorschlägen wie der Entbudgetierung des hausärztlichen Honorars, den Vorhalte- und Jahrespauschalen für Hausarztpraxen und einer Bonifizierung der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) die Belange der Hausärztinnen und Hausärzte in den Blick nehme.

Unterm Strich allerdings hält sich sein Beifall an den neuesten Plänen aus dem Bundesgesundheitsministerium in Grenzen. „Der aktuelle Referentenentwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz ist mit Vorsicht zu genießen“, so Dr. Ritter, „vor allem, wenn der Politik nichts anderes einfällt, als Parallelstrukturen zu implementieren“, konkretisiert er. Wenn Kommunen und Krankenhäuser als Alternative zur Regelversorgung an den niedergelassenen Praxen vorbei eine Parallelstruktur im Gesundheitswesen aufbauen könnten, führe das „zu einer Kannibalisierung des Systems“, warnt er mit Blick auf den schon jetzt schmerzlichen Mangel an medizinischem Fachpersonal. Angesichts der Vorteile, die MVZ und quersubventionierte Level1-Kliniken qua Arbeitsbedingungen und Gehalt bieten könnten, sei dies ein „Kampf mit ungleichen Schwertern“, der den Druck auf Regionen, in denen die Versorgungslage schon extrem schwierig sei, enorm verstärke.

Dabei haben die Hausärztinnen und Hausärzte längst ein klares Konzept, wie qualitativ hochwertige ambulante Versorgung in Zukunft stattfinden könne, erklärt Dr. Ritter weiter und stellt die Idee der Teampraxis am Modell HÄPPI (Hausärztliches Primärversorgungszentrum – Patientenversorgung interprofessionell) vor: Weniger Hausärztinnen und Hausärzte, die mit Unterstützung von hochqualifiziertem Personal mehr Patientinnen und Patienten auf gleich hohem Niveau versorgen können. Der Bayerische Hausärzteverband habe zusammen mit dem Hausärztinnen- und Hausärzteverband Baden-Württemberg Konzepte entwickelt, nach denen nichtärztliches Personal zusätzliche Aufgaben übernehmen kann.

Auch beim Thema Digitalisierung sind Bayerns Hausärztinnen und Hausärzte in einer Vorreiterposition, erklärt die stellvertretende Landesvorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes Dr. Petra Reis-Berkowicz. So sind TI-Anbindung, ePa und eRezept in den Hausarztpraxen weitgehend angekommen. Zu Anfangsproblemen mit dem eRezept sagt sie: „Das wird sich einruckeln, da bin ich überzeugt“. Unterm Strich habe die Digitalisierung den Praxen den Arbeitsablauf erleichtert. „Das wird auch bei der eAU ähnlich sein“, zeigt sich die stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes zuversichtlich. Als weiteres zukunftsweisendes Modell stellte sie die Praxis-App des Bayerischen Hausärzteverbandes "Meine hausärztliche Praxis" vor, die schon von rund 150 Mitgliedern des Verbandes genutzt wird. „Unsere Praxis-App ist ein direktes Kommunikationsmittel zwischen Patienten und der Praxis“, erklärt sie. Die App biete breite Möglichkeiten, mit den Patientinnen und Patienten niedrigschwellig zu kommunizieren. Es sei durchaus im Sinne des Bayerischen Hausärzteverbandes, die Anwendungen auszuweiten auf Vernetzung mit anderen Ärzten, Krankenhäusern oder die Einführung telemedizinischer Angebote. „Wir müssen ambulante Versorgung gemeinsam denken, statt Teilstrukturen zu schaffen“, betont sie.

Zu guter Letzt verweist der Landesvorsitzende Dr. Ritter auf den ersten bundesweiten Tag der Hausarztmedizin am 8. Mai. Tage wie dieser seien eine gute Gelegenheit, die wichtige Rolle der Hausärztinnen und Hausärzte zu unterstreichen. Dies sei umso wichtiger, weil es Kräfte im Gesundheitsmarkt gebe, die an Rendite interessiert seien und nicht am Patientenwohl. „Und genau deshalb braucht es auch in Zukunft den Beziehungsarzt, den hausärztliche Praxen bieten“, so Ritter.
All diese Themen werden von der Delegiertenversammlung und der öffentlichen Mitgliederversammlung am Bayerischen Hausärztetag diskutiert.

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