Zeit für neue Ärzte – Zeit für viele Fragen
Wie viele andere Veranstaltungen dieses Jahr gab es die Karrieremesse „Zeit für neue Ärzte“ dieses Jahr nicht wie sonst als Präsenzveranstaltung, sondern virtuell. Der Besucherzahl im Workshop "Berufsbild Allgemeinmedizin - der Weg zu Vielfalt und Selbstbestimmung" hats nicht geschadet.
Wie viele andere Veranstaltungen dieses Jahr gab es die Karrieremesse „Zeit für neue Ärzte“ dieses Jahr nicht wie sonst als Präsenzveranstaltung, sondern virtuell. Der Besucherzahl hat’s nicht unbedingt geschadet. Am „Workshop I: Berufsbild Allgemeinmedizin - der Weg zu Vielfalt und Selbstbestimmung“ beispielsweise mit Dr. Oliver Abbushi vom Bayerischen Hausärzteverband sowie Dr. Dagmar Schneider und Dr. Cornelia Dodeller von der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin nahmen mehr als 70 Besucher teil und stellten mit vielen Frage an die drei erfahrenen Allgemeinmediziner ihr Interesse an der Hausarztmedizin unter Beweis.
Dr. Oliver Abbushi, der in München-Oberhaching als Hausarzt niedergelassen ist und sich berufspolitisch als Bezirksvorsitzender München des Bayerischen Hausärzteverbandes engagiert, betonte die vielen Facetten seines Berufs und die Möglichkeiten, die er schon in der Weiterbildungszeit bietet. „Man sollte sich überlegen, was man zusätzlich später anbieten will und wo man Schwerpunkte setzen will. Wer zum Beispiel Interesse an der Kinderheilkunde hat, sollte in der Weiterbildungszeit einen Abschnitt in der Pädiatrie verbringen“, riet er. Auch Psychotherapie, Chirurgie, Urologie, Gynäkologie, Neurologie und Orthopädie seien wichtige Fächer für künftige Allgemeinmediziner. „Ich profitiere heute noch von den Erkenntnissen aus den unterschiedlichen Fachgebieten, in die ich in meiner Weiterbildungszeit hineingeschnuppert habe“, erklärte er.
Weniger Internistische Beratungsanlässe als oft vermutet
Dr. Dagmar Schneider, Leiterin der Koordinierungsstelle Allgemeinmedizin (KoStA), die 25 Jahre als Hausärztin tätig war und sich erst kürzlich aus der Praxis zurückgezogen hat, bestätigte, dass ein Hausarzt/ eine Hausärztin fachlich breit aufgestellt sein sollte: „Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass es in der Hausarztpraxis hauptsächlich internistische Beratungsanlässe gibt“, stellte sie fest. Tatsächlich läge deren Anteil in der Regel bei rund einem Drittel. Häufige Beratungsanlässe beträfen den Bewegungsapparat, also den orthopädischen Bereich, aber auch die Pädiatrie – vor allem in ländlichen Regionen -, Neurologie und Psychosomatik spielten eine große Rolle.
Rund um den „Weg zu Vielfalt und Selbstbestimmung“ trieb die Teilnehmer viele Fragen um, auf die Dr. Abbushi, Dr. Schneider und Dr. Dodeller eingingen. Etwa, ob der Doktor-Titel notwendig ist. „Für eine Karriere in der Klinik ja. Aber Patienten in einer Hausarztpraxis schätzen vor allem eine Ärztin/ einen Arzt, die / der vertrauenserweckend, freundlich, zuverlässig ist und mit guter Arbeit punktet“, waren sich die drei Allgemeinmediziner einig
Wie groß ist der Anteil an bürokratischen Aufgaben als Hausärztin/Hausarzt – eine weitere Frage, die eine Rolle bei der Wahl des Berufswegs eine Rolle spielt. „Als Selbstständiger trägt man Verantwortung und muss sich mit Verwaltungstätigkeiten auseinandersetzen“, räumte Dr. Abbushi ein. Aber in einer modern aufgestellten, gut strukturierten Praxis, der richtigen Software und unterstützt von einer Verwaltungsangestellten oder MFA mit entsprechenden Kenntnissen, lasse sich viel Zeit für Managementaufgaben einsparen, so dass man auf 20 Prozent kommen könnte, erläuterte er.
Internistische oder allgemeinmedizinische Weiterbildung?
Ebenfalls eine wiederkehrende Frage bei Nachwuchsveranstaltungen: Welche Weiterbildung ist besser geeignet für eine spätere hausärztliche Tätigkeit, die zur Fachärztin / zum Facharzt für Allgemeinmedizin oder Innere Medizin? „Es gibt natürlich auch wunderbare hausärztliche Internisten, aber grundsätzlich ist man mit der Weiterbildung Allgemeinmedizin in der Breite besser auf die hausärztliche Tätigkeit vorbereitet.“
Ob man überhaupt als Internist eine Hausarztpraxis übernehmen kann? „Ja, aber nur als Facharzt für Innere Medizin mit 5-Jähriger Weiterbildungszeit“, antwortete Dr. Schneider. „Bewerben sich ein Allgemeinmedizinier und ein hausärztlicher Internist um einen Hausarztsitz, wird eher der Allgemeinmediziner bevorzugt“, gab sie außerdem zu bedenken.
Zeit für Fragen rund um’s Thema Hausarzt sein und Hausarzt werden gab es auch gab es auch am virtuellen Stand des Bayerischen Hausärzteverbandes, der am Vormittag von Doktor Abbushi mitbetreut wurde.
Image der Allgemeinmedizin im Wandel
Am Nachmittag löste ihn Dr. Christian Pfeiffer, Bezirksvorsitzender Unterfranken des Bayerischen Hausärzteverbandes am virtuellen Stand ab. Er berichtete unter anderem, wie die Corona-Pandemie dien Abläufe in seiner hausärztlichen Gemeinschaftspraxis verändert hat, ging auf die Bedeutung der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) ein und konnte aus seiner Lehrtätigkeit an der Universität Würzburg berichten, dass sich das Image der Allgemeinmedizin allmählich wandelt. „Die Ärzte flüchten regelrecht aus der Klinik“, beobachtet er – zum Teil eben auch in die Hausarztpraxis. Auch finanziell eine gute Entscheidung: „Beim Umsatz haben dier Hausärzte nicht mehr die rote Laterne“.